Augustus von Prima Porta

Statue des Augustus von Prima Porta

Rom, Vatikanische Museen
Marmor
Höhe: 2,07 m

Die überlebensgroße Marmorstatue des Kaisers Augustus in Feldherrntracht wurde in der Villa seiner Gattin Livia in Prima Porta vor den Toren Roms entdeckt. Sie ist wohl die bekannteste Darstellung des Kaisers. Der Kopf entspricht dem am häufigsten bezeugten Porträttypus des Augustus mit wohlgeordnetem Haar, dessen Strähnen sich über der Stirn in charakteristischer Weise gabeln. Man nennt ihn den Primaporta-Typus. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Kopie nach einem kurz nach dem ‚Parthersieg‘ des Augustus 20 v. Chr. entstandenen Original aus Edelmetall.

Mit seiner erhobenen Rechten erscheint der Kaiser als Feldherr, der vor den Truppen eine Ansprache hält (adlocutio). Er trägt eine kurze Ärmeltunika und einen unten und an den Armausschnitten mit gefransten Lederlaschen (pteryges) besetzten Muskelpanzer. Den Feldherrnmantel (paludamentum) hat er um die Hüften geschlungen und über den linken Unterarm gelegt. In der linken Hand trug Augustus wohl eine Lanze. Im Widerspruch zur militärischen Tracht stehen die nackten Füße, die man als Zeichen der Heroisierung und damit als Indiz für eine Entstehung der Marmorstatue nach dem Tode des Augustus 14 n. Chr. gedeutet hat, als er vom Senat zu den Göttern erhoben wurde. Dass bereits die Herkunft des Augustus in göttliche Sphären zurückreichte, soll der kleine Amorknabe anzeigen, der neben dem Kaiser auf einem Delphin reitet und damit zugleich elegant die Stütze der Marmorstatue verdeckt. Amor und Delphin verweisen auf Venus, die mythische Ahnherrin der Julier, der Familie des Augustus.

Der Kaiser steht auf dem rechten Bein und hat den linken Fuß weit zurückgesetzt, so dass nur die vordersten Zehen den Boden berühren. Dieses Motiv des ‚Schrittstandes‘ scheint unmittelbar von einer der bekanntesten Figuren der griechischen Hochklassik, dem Doryphoros (Speerträger) des Polyklet, übernommen zu sein. Der Rückgriff auf Formen der Klassik und speziell des Polyklet war ein wichtiger Bestandteil der Selbststilisierung des Augustus und unterstrich seinen Anspruch, das Goldene Zeitalter auf die Erde zurückgeführt zu haben.

Die welthistorische Mission, als deren Vollstrecker Augustus sich präsentierte, kommt besonders deutlich auf den Reliefbildern des Brustpanzers zum Ausdruck. Im Zentrum der vielfigurigen Komposition ist ein zentrales politisches Ereignis der frühaugusteischen Zeit dargestellt, die Wiedergewinnung der 33 Jahre zuvor durch Crassus schmachvoll an die Parther verlorenen römischen Feldzeichen im Jahre 20 v. Chr. Dieser durch diplomatische Verhandlungen mit den großen Widersachern der Römer erzielte Erfolg wird hier wie ein militärischer Sieg dargestellt, denn der von rechts mit den Feldzeichen herantretende, durch Hosentracht, Bart und langes Haar als Barbar gekennzeichnete Parther übergibt den Legionsadler mit demütiger Geste an eine militärisch gekleidete Gestalt, in der wohl der römische Kriegsgott Mars zu erkennen ist.

Weitere Götter umrahmen das weltbewegende Geschehen: Links unten reitet Apollo, der Schutzgott des Augustus auf dem Greifen, rechts Apollos Schwester Diana auf ihrem Tier, der Hirschkuh. Darüber sitzen jeweils weibliche Gestalten, die von Rom abhängige Völker verkörpern, links die tributpflichigen Völker des Ostens, rechts die unterworfenen Gallier im Westen. Ganz unten lagert – ähnlich wie auf der Ara Pacis – die Erdmutter Tellus mit dem segensspendenden Füllhorn, Symbol des Goldenen Zeitalters. Über der Szene sieht man ganz oben den Himmelsgott Caelus mit dem mantelartig ausgebreiteten Himmelszelt. Von links eilt auf dem Viergespann der Sonnengott Sol herbei. Ihm voraus fliegt Aurora, die Morgenröte, über ihr, mit großer Fackel, die Mondgöttin Luna.

„Die Gestirnsgottheiten versinnbildlichen mit ihrem Auf- und Niedersteigen ewige Dauer. Sie betonen zusammen mit Himmelsgott und Erdgöttin den kosmischen Charakter, den Raum und Zeit hier haben. Die beiden Sphingen auf den Schulterklappen des Panzers sitzen wie Wächter über dieser Welt, zeigen an, daß die lange erwartete neue Weltzeit jetzt eingetreten ist. Der Parthersieg wird also als Voraussetzung und zugleich als Folge des saeculum aureum gefeiert. Aus dem einmaligen historischen Ereignis wird ein exemplarisches Geschehen der neuen Heilsgeschichte, in dem die Götter bzw. die Gestirne den Ablauf garantieren, ohne noch eingreifen zu müssen.“ (P. Zanker)

[Bildquelle:] Copyright: Archäologisches Institut der Universität Göttingen

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