Ildefonsogruppe

Sog. Gruppe von S. Ildefonso

Madrid, Prado
Marmor
Höhe: 1,51 m

Die Marmorgruppe zweier nackter Jünglinge befand sich seit dem 17. Jahrhundert im Besitz der Adelsfamilie Ludovisi in Rom. Die Behauptung, sie sei im Park der Ludovisi auf dem Gelände der antiken Gärten des Sallust gefunden worden, lässt sich allerdings nicht belegen. 1724 wurde sie an König Philipp V. von Spanien verkauft. Er ließ sie im Landschloss von San Ildefonso bei Madrid aufstellen, was ihr den archäologischen Rufnamen „Gruppe von San Ildefonso“ eintrug. Heute befindet sie sich im Prado in Madrid.

Die Gruppe ist ein Musterbeispiel für den eklektischen Geschmack, wie er besonders in der Zeit des Augustus bei der römischen Oberschicht im Schwange war. Aus dem reichen Fundus von sechs Jahrhunderten griechischer Bildhauerkunst wurden als vorbildlich erachtete Formen gezielt ausgewählt und zu höchst artifiziellen neuen Gebilden zusammengesetzt.

Für den Knaben mit der Fackel wurden verschiedene Werke des in augusteischer Zeit besonders verehrten Bildhauers Polyklet aus dem 5. Jahrhundert vor Christus herangezogen. Sein Begleiter hingegen ist einer bekannten Statue des berühmten Bildhauers Praxiteles aus dem 4. Jahrhundert vor Christus, dem Apollon Sauroktonos, nachgebildet. Das kleine Standbild einer Göttin wiederum soll dadurch als besonders altertümlich und heilig erscheinen, dass es die streng symmetrische Faltenanordnung archaischer Statuen des 6. Jahrhunderts vor Christus zitiert.

Hellenistischer bzw. zeitgenössisch augusteischer Gestaltungsweise entspricht das vierte Element der Komposition, der kleine, girlandengeschmückte Altar zwischen den beiden Figuren.

Eine weitere Steigerung erfuhr der eklektische Charakter der Komposition, als der Kopf des praxitelischen Jünglings durch ein Porträt des Antinoos, des Lieblings des Kaisers Hadrian, ausgetauscht wurde. Es ist allerdings umstritten, ob der Antinooskopf schon in der Antike oder erst nach der Wiederentdeckung der Figurengruppe aufgesetzt wurde. Die sehr ähnlichen Kränze und das gleiche, unterlebensgroße Format der Köpfe deuten eher darauf hin, dass der Antinooskopf bereits in der Antike eigens für die Einfügung in die Gruppe geschaffen worden sein könnte.

Die Deutung der beiden lorbeerbekränzten Jünglinge ist bis heute umstritten. Vielleicht handelt es sich um die göttlichen Zwillinge Castor und Pollux.

[Bildquelle:] Copyright: Archäologisches Institut der Universität Göttingen

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