Römerin als Venus

Bildnisstatue einer Frau mit Venuskörper

Kopenhagen, Ny Carlsberg Glyptotek
Marmor
Höhe: 1,82 m

Die merkwürdige Statue einer nackten älteren Dame aus der Zeit des Kaisers Trajan stammt vermutlich aus einem Grabbau. Sie trägt eine damals schon ein wenig altmodische Frisur, bei der die Haare über der Stirn zu einem hohen Lockentoupet aufgetürmt wurden. Zu dem ältlich und ein wenig mürrisch wirkenden Gesichtsausdruck steht der makellose Idealkörper in seltsamem Kontrast. Alle Besucher des Grabes sollten daran erinnert werden, dass die Verstorbene ihre weibliche Rolle vorbildlich erfüllt hatte. Um die Schönheit einer Frau zu rühmen, griffen römische Dichter gern zum Vergleich mit Venus, der Göttin der Schönheit und Erotik. Ganz wörtlich ist ein solcher poetischer Vergleich hier in ein plastisches Bildwerk umgesetzt: Dem zeitgenössischen Alltagsgesicht der Frau ist der Körper der Göttin Venus angefügt, in einer der bekanntesten Versionen, die die antike Bildhauerkunst dafür zur Verfügung stellte, der Aphrodite von Knidos. Diese berühmte Statue der gänzlich unbekleideten Göttin hatte der griechische Bildhauer Praxiteles fast ein halbes Jahrtausend zuvor geschaffen. Seither bildete sie den Inbegriff weiblicher Schönheit und wurde bis in spätrömische Zeit und dann wieder in der Neuzeit entsprechend häufig kopiert und umgebildet. Eine derartige Umbildung aus hellenistischer Zeit, den Typus der sog. Venus Medici, hat der Bildhauer der trajanischen Frauenstatue für die Darstellung des Körpers der Frau als Vorlage verwendet.

[Bildquelle:] Copyright: Archäologisches Institut der Universität Göttingen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert