Alexander als Vorbild

Die Mode der Bartlosigkeit und die energischen Posen, die Alexanders Selbstdarstellung bestimmten, waren für seine Nachfolger Vorbild, die als Könige kleinere Reiche auf dem Gebiet des Alexanderreiches gründeten. Ptolemaios I, der in Ägypten die Herrschaft übernahm, ist in seinem Porträt zwar nicht als junger Mann dargestellt, aber glattrasiert und mit energischem Gesichtsausdruck; besonders die Augen sind betont.

Attalos I, einer der Könige von Pergamon in Kleinasien, ließ sich mit einem Porträt darstellen, das nur ein wenig ruhiger wirkt; auch er ist glattrasiert. Aber offenbar gefiel dieses Porträt nicht lange; denn es wurde umgearbeitet: Die erste Version hatte eher schüttere, flach anliegende Haare. Sie wurden abgearbeitet, um kräftige, hochgeworfene Locken anzustücken. So bekommt auch Attalos eine löwenartige Frisur, die an Alexanders Haarpracht erinnert.

Noch in römischer Zeit war das Vorbild Alexanders wichtig für die Selbstdarstellung römischer Politiker. Pompejus, einer der wichtigsten Männer in der spätrepublikanischen Zeit, ließ sich „Magnus“ = der Große nennen. Es schmeichelte ihm, wenn man sein Aussehen mit dem Alexanders verglich − doch damit konnte Jahrhunderte nach Alexanders Tod nur eine Ähnlichkeit mit den Porträts Alexanders gemeint sein. Das beinah verkniffen wirkende Gesicht des Pompejusporträts mit seinen kleinen Augen und dem schmallippigen Mund scheint nichts von den Zügen Alexanders zu haben. Nur die Haare über der Stirn sind auffällig hochgesträubt. Es ist wohl nur dieses Detail, an dem im Bildnis des Pompejus die Ähnlichkeit zu Alexander abgelesen werden konnte.

Im Laufe der römischen Kaiserzeit wurde in der griechischen Literatur die Figur Alexanders immer mehr zur Heldengestalt verklärt. Junge Männer in Griechenlandlasen begeistert von seinen Taten und träumten von einer Zeit vor der römischen Herrschaft. Einige von ihnen stilisierten sich nach dem Vorbild Alexanders, wie der junge Mann aus Athen, dessen Porträt eine üppige Mähne mit hochgeworfenen Haaren über der Stirn zeigt. Der knappe Bart folgt dagegen der Mode der mittleren römischen Kaiserzeit.

Zu Beginn des 3. Jahrhunderts n. Chr. heißt es vom römischen Kaiser Caracalla, er habe sich Alexander zum Vorbild genommen. Demnach imitierte er Gesichtsausdruck und Kopfwendung des großen Königs. Betrachtet man seine Porträts, sieht man zwar einen energischen Gesichtsausdruck mit zusammengezogenen Brauen und eine heftige Wendung des Kopfes zur Seite, aber eine Ähnlichkeit mit Alexander ist nur schwer zu erkennen, wenn überhaupt.   Doch belegen die hier gezeigten, ganz unterschiedlichen Porträts, dass es kein einheitliches Bild Alexanders gab. Jedes dieser Bildnisse spiegelt einen anderen Aspekt, von dem die Künstler und Dargestellten wohl überzeugt waren, dass er dem Wesen Alexanders besonders gut entsprach.

Über die Jahrhunderte änderte sich der Blick stark. Und noch nach dem Ende der Antike bis in die Gegenwart gibt es immer wieder neue Versuche, ein Bild Alexanders künstlerisch zu gestalten oder sich selbst nach seinem Vorbild zu stilisieren − die jüngsten Beispiele dafür stammen aus dem Kino.  

Stell dir vor, du bist einer der Nachfolger Alexanders. Du möchtest dein Bildnis seinem Vorbild entsprechend gestalten lassen. Fertige eine Skizze an, wie dieses Bildnis aussehen könnte. Orientiere dich dabei an den Porträts im Kapitel.  

Sammlung E-learning Quellen Literatur
 Akteure der späten Republik  
Alexander d. Gr. Pompejus
Caracalla  
Die Zeit Alexanders d. Gr.
Späte Republik Severische Dynastie
 Tonio Hölscher: Ideal und Wirklichkeit in den Bildnissen Alexanders des Großen. Universitätsverlag Winter, Heidelberg, 1971
Tonio Hölscher: Klassische Archäologie Grundwissen. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 2002, S. 240f.