Alexander und die Bilder von Göttern und Helden

Die Darstellung von Menschen in Göttergestalt oder mit göttlichen Merkmalen beginnt mit den Bildnissen Alexanders d. Großen: Alexanderporträts ähneln den Darstellungen junger Helden und Götter manchmal so sehr, dass bei einzeln erhaltenen Köpfen zwischen Darstellungen Alexanders und Götterdarstellungen kaum eine sichere Unterscheidung möglich ist. Besonders die Ähnlichkeit zu Bildern des Sonnengottes Helios wird in mehreren Porträts deutlich. Ein Porträtkopf Alexanders in Boston betont die leidenschaftliche Seite seines Charakters. Dieses Alexanderporträt wirkt romantischer als frühere Bildnisse des Königs: Sein Haar ist hier länger und lockiger, der Blick scheint schwärmerisch.   Ähnlich ist der Gott Helios auf einer Reliefplatte aus Troja dargestellt. Zu vergleichen sind Frisur, Gesichtsausdruck und Drehung des Kopfes. Der Sonnengott ist mit Zügen Alexanders dargestellt oder umgekehrt: Bilder junger Götter inspirierten die Gestaltung von Alexanderporträts. Diese Doppeldeutigkeit war offenbar beabsichtigt: Die Betrachter sollten beim Anblick von Alexanderporträts an Götter und Heroen, beim Anblick von Götterbildern an Alexander denken − beides zur Steigerung seines Ruhmes.

Antike Schriftsteller priesen in Lobgedichten und Reden die Herrscher, indem sie ihre Taten mit denen von Göttern und Heroen verglichen. Genauso wird Alexander in Bildnissen gerühmt, die ihn mit Gegenständen ausgestattet zeigen, die sonst mythischen Gestalten gehören.   Ein Goldmedaillon, das im 3. Jahrhundert n. Chr. entstand, kann als Beispiel dienen. Es zeigt Alexander mit der charakteristischen Frisur und nach hinten geworfenem Kopf. Er ist in voller Rüstung dargestellt.

Doch der Schild, den er vor sich hält, ist keine normale Waffe, sondern aufwendig mit Reliefs verziert. Bei genauem Hinsehen erkennt man Sternzeichen des Tierkreises. Es handelt sich deshalb um den berühmten Schild des Achilleus, der von Homer in der Ilias als Werk des Schmiedegottes Hephaistos ausführlich beschrieben wird.

In der antiken Kunst wird er häufig in dieser Form dargestellt. Alexander ist hier also als (neuer) Achilleus dargestellt; die Züge des homerischen Helden verschmelzen mit denen des Königs.   Alexander suchte selbst den Vergleich mit Achilleus. Während seiner Feldzüge in Kleinasien wandelte er auf dessen Spuren und besuchte das Grab des Achilleus bei Troja. Homers Ilias, deren Hauptheld Achilleus ist, soll Alexanders Lieblingslektüre gewesen sein.

Stell dir vor, du bist Alexander der Große! Du möchtest gerne ein Porträt von dir in Auftrag geben, das den gängigen Götterbildern ähnelt. Gib dem Hofbildhauer eine möglichst detailgetreue Beschreibung oder Vorabskizze dieses Porträts. Orientiere dich dabei an einem der oben abgebildeten Bildnisse!

Sammlung E-learning Quellen Literatur
 Homer
Alexander d. Gr.  
Die Zeit Alexanders d. Gr.
Theomorphes
 Pierre Briant: Alexander, Eroberer der Welt. Maier, Ravensburg, 1990
Tonio Hölscher: Ideal und Wirklichkeit in den Bildnissen Alexanders des Großen. Universitätsverlag Winter, Heidelberg, 1971