Ruhm durch Sieg in Wettkämpfen: Siegerstatuen

Wettkämpfe waren ein wichtiger Bestandteil griechischen Lebens. Sie wurden meistens im Rahmen großer Feste zu Ehren der Götter veranstaltet. Es gab sportliche Wettkämpfe, wie die Spiele von Olympia, aber auch Autoren und Musiker konkurrierten um Preise für das beste Theater- oder Musikstück, z. B. beim Dionysosfest in Athen oder den Festspielen im Apollonheiligtum von Delphi.   Wer einen Wettbewerb gewann, erhielt das Recht auf ein Denkmal zur Erinnerung an seinen Sieg. Oft wurden diese Denkmäler von den stolzen Heimatstädten der Sieger gestiftet. So füllten sich die Heiligtümer und Plätze der Städte über die Jahrhunderte mit Siegerdenkmälern. Eine besondere Ehre bildeten Statuen, die die Sieger darstellten. Einige dieser Statuen wurden von den besten Künstlern ihrer Zeit geschaffen. In römischer Zeit bewunderte man sie als Werke berühmter Meister alter Kunst und kopierte sie zur Dekoration von privaten und öffentlichen Gebäuden. So sind einige Siegerstatuen mit dem Namen des entwerfenden Künstlers überliefert, die Namen der Athleten sind dagegen in Vergessenheit geraten.

Dies gilt z. B. für die Statue eines Diskuswerfers, die durch römische Kopien überliefert ist. Sie gehen auf ein Original des Bildhauers Myron aus dem frühen 5. Jahrhundert v. Chr. zurück. Die Statue zeigt einen Diskuswerfer in voller Aktion. In einer Rückwärtsdrehung hat er mit dem Diskus in der rechten Hand ausgeholt; er ist nun kurz davor, mit einer Spiralbewegung vorwärts den Diskus auf seine Flugbahn zu schleudern. Die Statue ist so wirklichkeitsnah, dass die Sportart des Diskuswerfens, die seit der Antike nicht mehr praktiziert worden war, in moderner Zeit nach ihrem Vorbild wiederbelebt werden konnte.

Der Diskuswerfer des Myron zeigt eine der Möglichkeiten, einen siegreichen Athleten darzustellen, nämlich agierend, mit seinem Sportgerät. Auf diese Weise sehen die Betrachter sofort, dass es sich um einen Sportler handelt, und auch, welche Sportart er ausübt.  

Diskuswurf war Teil des antiken Fünfkampfes, neben Weitsprung, Speerwurf, Laufen und Ringen. Als Einzeldisziplin wurde Diskuswurf nicht betrieben, so dass ein Sportler, der als Diskuswerfer dargestellt ist, wohl Sieger im Fünfkampf war.  

Den Vorstellungen der Zeit gemäß ist der Athlet als perfekte Verkörperung des Siegers in seiner Sportart dargestellt. Die Nacktheit des Sportlers stellt seine Kraft und Körperbeherrschung zur Schau. Sie entspricht in diesem Fall sogar der Realität, denn während Training und Wettkampf waren antike Athleten nackt. Individuelle Züge spielen auch hier keine Rolle. Gerade deshalb eignete sich die Statue später dazu, als nunmehr anonyme Figur eines vorbildlichen Sportlers kopiert und in eine andere Umgebung versetzt zu werden. Denn in römischer Zeit interessierten die besonderen Umstände von Sieg und ursprünglichem Aufstellungsort nicht mehr.

Dies gilt auch für eine weitere Statue, die in römischen Kopien überliefert ist. Sie geht auf einen Entwurf des Bildhauers Polyklet aus dem späteren 5. Jahrhundert v. Chr. zurück und ist seit der römischen Zeit nur unter einem Spitznamen bekannt: Diadumenos. Diese Bezeichnung beschreibt die dargestellte Handlung; denn die Figur windet sich mit beiden Händen ein Band um den Kopf, das aber zwischen Kopf und Händen bei den erhaltenen Kopien weggebrochen ist.  Die Figur zeigt nicht den aktiven Sportler, sondern den Sieger nach dem Wettkampf. Die Füße stehen zwar in Schrittstellung, doch nur damit ein Eindruck von Beweglichkeit entsteht.

Die Darstellung konzentriert sich ganz auf den jugendlich schönen Körper. Nicht einmal ein Hinweis auf die Sportart ist der Figur abzulesen. Damit stellt der Entwurf eine Alternative zum Diskuswerfer des Myron dar.  

Das Band, mit dem die Figur hantiert, ist wohl als Ehrung des siegreichen Athleten zu verstehen; wenn auch die offiziellen Preise bei den großen Spielen Kränze aus Laub waren. Doch waren diese bescheidenen Preise erst der Beginn von Ehrungen und Zuwendungen, die erfolgreiche Sportler in der Antike erhielten. Einige erwarben großen Reichtum.   In römischer Zeit war die Statue des Diadumenos in vielen Kopien verbreitet und wurde dem Geschmack der Besteller folgend mit verschiedenen Attributen ausgestattet. Sie können auf bestimmte Sportarten hinweisen, z. B. den Weitsprung, mit einem Palmstamm auf die Siegespalme anspielen oder mit Pfeil und Bogen die Figur als Bild des Gottes Apollon erscheinen lassen.   In der Zeit der griechischen Klassik waren Götter- und Menschenbilder einander noch so ähnlich, dass in späteren Zeiten solche Umwandlungen leicht möglich waren. Doch schon zu ihren Lebzeiten wurden einige Sportler der Zeit als übermenschliche Wesen verehrt, manche galten sogar als Söhne von Göttern.

Das hohe Ansehen, das Sportler genossen, führte dazu, dass auch Angehörige von Herrscherfamilien sich ihrer Siege in internationalen Wettbewerben rühmten. In Delphi wurde im Jahrzehnt 340 – 330 v. Chr. eine Statuengruppe errichtet, in der nebeneinander aufgereiht Vertreter mehrerer Generationen einer der führenden Familien Thessaliens standen. Der Stifter Daochos II war als Tetrarch Oberhaupt eines Bezirks in Thessalien, ebenso wie einige seiner Vorfahren politische Führer und Feldherren waren.   Doch bei der Figur seines Urgroßvaters Agias entschied er sich nicht für eine Darstellung, die seinen gesellschaftlichen und politischen Rang zum Thema hatte, sondern für eine Darstellung als Sportler.

Agias gewann als erster Thessaler in Olympia den Wettkampf des Pankration, dazu noch weitere in Delphi und Nemea. Es ist wahrscheinlich, dass sich die griechische Öffentlichkeit an den Namen des Agias vor allem wegen dieser Erfolge erinnerte.  

Die Statue zeigt ihn nackt, als muskulösen Mann. Er soll der Nachwelt so in Erinnerung bleiben, wie er auf dem Höhepunkt seiner sportlichen Laufbahn war. Pankration, eine Art Freistilringen, erforderte viel Kraft und war beim Publikum sehr populär. Agias verkörpert in der Art, wie er steht, das Ideal des Kraftsportlers. Er steht fest auf beiden Füßen und vermittelt so – anders als die bisher gesehenen Siegerstatuen – nicht den Eindruck leichtfüßiger Beweglichkeit, sondern von Kraft und Ruhe. Offenbar konnte darauf verzichtet werden, ihn durch eine charakteristische Aktion oder Sportgerät deutlicher als Athleten zu kennzeichnen. Dafür genügte bei diesem Denkmal die nackte, athletische Statue mit ihrer erklärenden Inschrift.  

Es ist bemerkenswert, dass in Olympia Angehörige herrschender Familien sich als Sieger in den Wettkämpfen darstellen ließen. Sie stellten damit Leistungen zur Schau, die wohl zur Legitimation ihrer Führungsposition beitragen sollten. Denn eine herausragende Stellung musste in der griechischen Welt in ständiger Konkurrenz gegen andere erworben und verteidigt werden.

Stell dir vor, du siegst im antiken Fünfkampf. Deine Heimatstadt will dich daraufhin mit einer Statue ehren. Beschreibe, wie eine solche Statue aussehen könnte.

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