Chrysippos

Chrysippos lebte sehr enthaltsam und lehnte jegliche Art der Verweichlichung ab. Spiegelt sich diese Lebensauffassung nicht auch in seinem Porträt wider?

Zur Person  

Chrysippos wurde um 281 v. Chr. in Soloi (Kilikien) geboren. Er war drittes Schuloberhaupt der Stoa in Athen. Sein wichtigster Lehrer war Kleanthes, dessen Nachfolge als Oberhaupt der Schule er später antrat.  

Chrysippos galt in der Antike als bedeutendster stoischer Denker. Der stoischen Lehre gab er durch logische Beweise eine feste Grundlage und ging so über seinen Vorgänger Zenon weit hinaus. Von seiner reichen literarischen Tätigkeit zu Themen der Logik, Ethik und Physik sind nur Bruchstücke erhalten.   Chrysippos starb 205 v. Chr. in Athen.  

Zum Bild des Chrysippos in der antiken Literatur  

Die antiken Autoren vermitteln von Chrysippos das Bild eines uneitlen, nachdenklichen und sehr disziplinierten Mannes. Er soll von schmächtiger Gestalt gewesen sein, was auch von den Autoren, die seine Statuen erwähnen, hervorgehoben wird. Eine Statue des Chrysippos stand auf der Agora von Athen, eine weitere im Außenbezirk Kerameikos. Cicero erwähnt, dass diese Statue mit vorgestreckter rechter Hand dargestellt war, also wie in einer Diskussion gestikulierend.

Beobachtungen zum Porträt

Die Statue des Chrysippos konnte durch die Kombination einer kopflosen Statue in Paris mit einem Kopf in London in Gipsabgüssen rekonstruiert werden. Der Kopf, von dem noch andere Kopien existieren, wurde durch den Vergleich mit Bildnissen auf Münzen als Chrysippos identifiziert, die seine Geburtsstadt Soloi in der römischen Kaiserzeit prägen ließ.   Chrysippos ist als alter Mann dargestellt, dem seine asketische Lebensweise anzusehen ist. Er sitzt auf einem schmucklosen Steinblock, der an die harten Sitze, z.B. auf Steinstufen, an öffentlichen Orten im Freien erinnert.  

Der Philosoph ist fest in seinen Mantel gewickelt, unter dem er kein Untergewand trägt, obwohl er zu frösteln scheint.  

Der Verzicht auf ein Untergewand passt zur stoischen Philosophie, die Strenge gegenüber den Gefahren der Verweichlichung lehrte. Zur Verachtung des Körpers passt auch die Darstellung des gebeugten Altmännerkörpers, dessen schlaffe Formen an der nackten Brust und am Bauch schonungslos gezeigt werden.

Trotz seines alten und schwachen Körpers ist die geistige Kraft des Chrysippos in diesem Bildnis offenbar ungebrochen. Wie von Cicero beschrieben, wendet er sich den Betrachtern mit einer Geste seiner rechten Hand zu. Der Kopf ist vorgereckt und energisch nach rechts gedreht.  

Das Gesicht des Bildnisses ist angespannt, die Stirn in Falten gelegt; die senkrechten Falten über der Nase entstehen durch Zusammenziehen der Brauen, ein Zeichen von konzentriertem Denken. Chrysippos scheint so einen Gesprächspartner zu fixieren. Auch bei der Gestaltung des Bildniskopfes sind keine Anstrengungen zur Verschönerung unternommen worden. Chrysippos trägt offen einen völlig kahlen Vorderkopf, ohne jeden Versuch, ihn mit den kurzen Strähnen ringsum zu verdecken. Haar und Bart sind zwar geschnitten, aber ohne besondere Sorgfalt. Der Philosoph wirkt ungekämmt; zwischen den struppigen Strähnen des Bartes sind sogar kahle Stellen zu sehen.  

In der Lebenszeit des Chrysippos waren Bärte nicht mehr in Mode; die Männer hatten normalerweise glatt rasierte Gesichter. Wer einen Bart trug, gab damit seine Geringschätzung der Mode zu erkennen; so wurden Bärte zum Kennzeichen von Philosophen.  

Der ungepflegte Bart des Chrysippos, der sich deutlich von den schön frisierten Bärten anderer Philosophen, z.B. Aristoteles, Epikur und Karneades, unterscheidet, identifiziert ihn zudem als einen Verächter des Ideals vom schönen und vornehmen Mann (Kalokagathos).

 Sammlung E-learning Quellen Literatur
 Weise und Lehrer
Aristoteles
Cicero
Epikur
Karneades
Zenon
Kopf & Körper Philosophen
Cicero, De finibus bonorum et malorum I, 39
Diogenes Laertios VII, 182
Gisela M. A. Richter: The Portraits Of The Greeks. Abridged Edition. Phaidon Press Limited, Oxford, 1984, S. 101ff.
Der neue Pauly: Enzyklopädie der Antike, Band 3, Metzler, Stuttgart, 1998