Diogenes

Diogenes stand für äußerste Bedürfnislosigkeit − was soll uns daher wohl die Darstellung seiner Person in der „Tonne“ sagen?

Zur Person  

Diogenes lebte von 414 bis 323 v. Chr. Er kam als junger Mann aus seiner Geburtsstadt Sinope am Schwarzen Meer nach Athen, wo er die Philosophie des Antisthenes kennenlernte.  

Auf einer Seereise geriet er in die Gefangenschaft von Piraten, die ihn als Sklaven verkauften. So kam er als Lehrer der Kinder eines reichen Bürgers, Xeniades, nach Korinth.  

Diogenes war und ist als provozierend unkonventioneller Philosoph berühmt; er ist der wichtigste Vertreter der kynischen Schule der Philosophie. Diese philosophische Richtung predigte extreme Bedürfnislosigkeit, Verachtung des Körpers und Verzicht auf Besitz. Die Überlieferung der Werke des Diogenes ist schwierig, weil die Schriften unter seinem Namen schon in der Antike als unecht angezweifelt wurden.

Zum Bild des Diogenes in der antiken Literatur  

Das meiste, was über Diogenes bekannt ist, stammt aus Anekdoten, die Beispiele dafür geben, wie er kompromisslos nach den Prinzipien seiner Philosophie lebte. Zum Beweis, dass er in Korinth in äußerster Bedürfnislosigkeit als Bettler lebte, erzählte man, er habe dort in einem alten großen Vorratsgefäß gehaust − aus diesem tönernen, Pithos genannten Gefäß wurde in der deutschen Übersetzung die berühmte „Tonne des Diogenes“.  

Eine andere Anekdote berichtet von einer vielleicht nur erdichteten Begegnung mit Alexander d. Großen. Auf die Frage des Königs, was er sich von ihm wünsche, antwortete Diogenes nur: „Geh mir ein wenig aus der Sonne“. Bei Korinth wurde in späterer Zeit das Grab des Diogenes gezeigt, das als Grabmal die Figur eines Hundes trug, nach dem Spitznamen des Diogenes „Kynos“ (= Hund), von dem die Bezeichnung der kynischen Schule hergeleitet wurde.  

In Sinope und vielleicht auch in anderen Städten wurden nach seinem Tod Statuen zu Ehren des Diogenes aufgestellt.  

Beobachtungen zum Porträt  

Die Geschichte von „Diogenes in der Tonne“ regte Künstler zur Gestaltung der Szene an. Es gibt einige Reliefs, z.B. auf Siegelsteinen, die Diogenes zeigen, der aus dem liegenden Vorratsgefäß herausschaut. Er stützt sich auf einen knotigen Stock; ein anderes sprechendes Attribut ist der Hund, der vor ihm liegt. Diogenes‘ Gesicht ist in dem kleinen Relief nur knapp angedeutet; doch ist der Bart des Philosophen deutlich zu erkennen. Diogenes wendet sich einem auf Felsen sitzenden Mann zu, der eine Schrift in Händen hält. Nach der Tracht des Mannes mit Bart und Mantel ohne Untergewand handelt es sich wohl um einen weiteren Philosophen oder Schüler des Diogenes.  

Ringsteine wie dieser wurden wohl von Bewunderern des Diogenes in Auftrag gegeben, die seiner Lehre aber selbst nicht kompromisslos folgten − denn sonst hätten sie keine Verwendung für einen kostbaren Siegelring gehabt.

Sammlung E-learning Quellen Literatur
 Weise und Lehrer
Alexander d. Gr. und seine Zeit
Alexander d. Gr. Antisthenes
Cicero
Philosophen
Pausanias II, 2, 4
Diogenes Laertios VI, 78
Anthologia Graeca XVI 334
Diogenes Laertios VI, 23
Philostratos,
Epistulae et dialexeis XVIII, 22
Sidonius Appollinaris IX, 9, 14
Cicero, Tusculanae disputationes V, 92
Gisela M. A. Richter: The Portraits Of The Greeks. Abridged Edition. Phaidon Press Limited, Oxford, 1984, S. 113ff.
Der neue Pauly: Enzyklopädie der Antike, Band 3, Metzler, Stuttgart, 1998