Sophokles

Sophokles galt in der Antike als bemerkenswert schöner Mann. Würde sein Porträt diesen Eindruck wohl auch aus heutiger Sicht von ihm vermitteln?

Zur Person  

Sophokles lebte von 496 − 406 v. Chr. in Athen, wo er neben Aischylos und Euripides als einer der drei großen klassischen Tragödiendichter tätig war; in einigen seiner Stücke trat er selbst auf. Sophokles besetzte mehrmals hohe Staatsämter: Er war u.a. Schatzmeister des Attischen Seebundes, Stratege neben Perikles, Mitglied der oligarchischen Regierung sowie Priester des Asklepios.  

Der Dichter trug wesentlich zur Weiterentwicklung der attischen Tragödie bei. Zu seinen bedeutenden Neuerungen gehören die Einführung des dritten Schauspielers, die Vergrößerung des Chors von 12 auf 15 Mitglieder und die Einführung gemalter Bühnenbilder. Sophokles löste die einzelnen Theaterstücke aus dem Zusammenhang der Trilogie.  

Von seinen Stücken sind 123 dem Titel nach bekannt, aber nur 7 Stücke, die sich durch die Gestaltung der Einzelpersönlichkeiten auszeichnen, sind vollständig erhalten: „Aias“, „Antigone“, „Elektra“, „König Ödipus“, „Trachinierinnen“, „Philoktet“ sowie „Ödipus auf Kolonos“. Durch einen Papyrusfund kamen 400 Verse, ca. die Hälfte des Satyrspiels „Ichneutai“ (= „Spürhunde“), hinzu.

Die Figuren des Sophokles bewähren sich oder scheitern in tragischen Situationen, in denen gottgesandtes Schicksal und persönliche Schuld ineinander greifen. Die Konflikte, die der Dichter behandelt, sind noch immer aktuell, z.B. die bis heute häufig aufgeführte Tragödie „Antigone“, deren Titelheldin sich zwischen den Gesetzen ihrer Stadt und der frommen Pflicht, ihren im Bürgerkrieg gefallenen Bruder zu begraben, entscheiden muss. Sophokles starb im hohen Alter von 90 Jahren; sein letztes Stück, „Ödipus auf Kolonos“, wurde erst nach seinem Tod 406 v. Chr. uraufgeführt.

Zum Bild des Sophokles in der antiken Literatur  

In seiner Jugend war Sophokles bemerkenswert gutaussehend, so dass er mit 16 Jahren zum Anführer des Chores erwählt wurde, der den Paian nach dem Sieg bei Salamis vortrug. Noch in seiner Grabinschrift wird er als schöner Mann gerühmt.  

Nach seinem Tode wurde Sophokles als Heros verehrt, weil er sich um die Einführung des Asklepios-Kultes Verdienste erworben hatte; ihm zu Ehren wurden Statuen aufgestellt. Wahrscheinlich errichtete sein Sohn Iophon schon bald nach dem Tod des Sophokles eine Statue für seinen Vater. Die Statue stand gemeinsam mit Statuen des Aischylos und Euripides im Dionysos-Theater von Athen, dem Ort, wo die Tragödien der berühmten Dichter aufgeführt wurden. Diese Ehrung erfolgte um 330 v. Chr., also lange nach dem Tod des Euripides. Stifter der Statuen war Lykurgos, der auch dafür sorgte, dass die Werke dieser Dichter in zuverlässigen Ausgaben schriftlich niedergelegt wurden.  

Beobachtungen zum Porträt  

Verschiedene Porträttypen des Sophokles wurden in römischer Zeit durch Kopien vervielfältigt. Zwei dieser Porträttypen lassen sich identifizieren, weil es Kopien mit Namensaufschriften gibt.    

Sophokles wird in der Büste in Neapel als würdiger Greis porträtiert. In Stirn und Wangen graben sich Falten ein. Sein Gesicht wird von einem sorgfältig in Form gebrachten Bart und halblangen Haaren gerahmt. Ein schmales Band liegt um den Oberkopf. Vielleicht wird Sophokles damit als Priester oder gar als Heros charakterisiert. Dazu passt der ernste, nachdenkliche Ausdruck des Bildnisses.   In dieser Statue in den Vatikanischen Museen tritt Sophokles als selbstbewusster, vornehmer Bürger Athens auf. Er trägt einen elegant um seinen Körper geschlungenen Mantel. Aus dem Ausschnitt schaut die rechte Hand heraus; der angewinkelte und auf die Hüfte gestützte linke Arm verschwindet ganz unter dem Mantel. Ein solcher Mantel ist deshalb Kennzeichen des vornehmen Mannes, weil er offensichtlich für Leute ungeeignet ist, die mit den Händen arbeiten müssen.  

Der stolz erhobene Kopf zeigt Sophokles als Mann in seinen besten Jahren. Haare und Bart sind in kurze Locken gelegt. Das Bildnis ähnelt sehr den Darstellungen älterer Männer auf Reliefs, die als Grabsteine für athenische Bürger des späteren 4. Jahrhunderts v. Chr. aufgestellt waren. Deshalb ist dieses Porträt des Sophokles wohl eine Kopie nach der erwähnten Statue aus der Stiftung des Lykurgos, die lange nach dem Tod des Sophokles in dieser Zeit errichtet wurde.
Sophokles wird hier als typischer Vertreter Athens dargestellt, als Dichter, der in dieser Zeit bereits als Klassiker galt. Im Entwurf wurden keine individuellen Eigenheiten berücksichtigt. Das entspricht den Nachrichten zum Aussehen des Sophokles, der als bemerkenswert schöner Mann galt; also wird er noch hier so dargestellt, wie es dem Schönheitsideal der Zeit entsprach.

Sammlung E-learning Quellen Literatur
SophoklesWeise und Lehrer
Aischylos
Euripides Perikles
Redner & Dichter
Vita Sophoklis, 1ff.
Vita Sophoklis, 85f. Pausanias I, 21, 1-2
Platon, Respublica 329
Athenaios I, 20e-f Plutarch, Nikias XV, 1-2
Gisela M. A. Richter: The Portraits Of The Greeks. Abridged Edition. Phaidon Press Limited, Oxford, 1984, S. 205ff.
Der neue Pauly: Enzyklopädie der Antike, Band 11, Metzler, Stuttgart, 1998