Sokrates

Sokrates soll außergewöhnlich hässlich ausgesehen haben. Da vom Aussehen auf den Charakter geschlossen wurde, musste man sich bei der Interpretation seines Porträts mit einem Vergleich behelfen, um ihn nicht in schlechtem Licht erscheinen zu lassen.

Zur Person
Sokrates lebte von 469 − 399 v. Chr. in Athen. Der griechische Philosoph entwickelte seine Gedanken im Gespräch mit Freunden und Schülern, hielt seine Lehre aber nicht schriftlich fest. Seine Philosophie ist nur in den Schriften seiner Schüler Platon und Xenophon überliefert. Sokrates befasste sich mit Fragen der Ethik und vertrat die Überzeugung, dass niemand gegen seine bessere Einsicht handeln könne. Im Jahre 399 v. Chr. wurde Sokrates wegen angeblicher Gottlosigkeit und schädlicher Einflüsse auf die Jugend angeklagt und zum Tod durch den Schierlingsbecher verurteilt. Erst lange Zeit nach seinem Tod wurde sein Ansehen offiziell wiederhergestellt und die Bürger von Athen ehrten ihn zur Sühne mit einer Statue.

Zum Bild des Sokrates in der antiken Literatur  

Das ungewöhnliche, hässliche Aussehen des Sokrates wurde mehrfach beschrieben; es reizte zum Spott und wurde wohl auch von Sokrates selbstironisch kommentiert.  
Anhänger des Sokrates gaben sich Mühe, in den Zügen des Philosophen positive Eigenschaften zu erkennen. Sie waren eigentlich daran gewöhnt, aus der Schönheit der äußeren Erscheinung auf einen guten Charakter zu schließen (die sog. Kalokagathia). Hässlichkeit war demnach ein Zeichen für einen üblen Charakter. So nahm man Zuflucht zu einem Vergleich: Sokrates‘ Aussehen wurde mit dem eines Silens verglichen. Silene sind mythische, halb tierische Wesen aus dem Gefolge des Gottes Dionysos. Sie haben Pferdeohren und -schwänze sowie einen kugeligen, teils kahlen Kopf, wulstige Lippen, eine Stupsnase und runde Augen. Trotz ihres wilden Aussehens schrieb man Silenen Weisheit zu; in der Mythologie waren sie Erzieher und Lehrer.

Beobachtungen zum Porträt  

Das erste Porträt des Sokrates wurde erst über 20 Jahre nach seinem Tod in Auftrag gegeben. Sein Bild lebte zu dieser Zeit nur noch in der Erinnerung seiner Freunde und war durch die Vergleiche mit Silensbildern geprägt. In den Jahrzehnten danach gab es noch mehrere Neufassungen, die uns in Kopien aus römischer Zeit überliefert sind. Die Künstler orientierten sich an den literarischen Beschreibungen und schufen Porträts, die Züge eines Silens mit individuellen Z zu einem Porträt des Philosophen verbinden. Sokrates zeigt in diesen Bildnissen die Kopf-, Augen- und Mundform eines Silens. Sie sind jedoch mit dem sorgfältig frisierten Haar und Bart eines würdigen Mannes kombiniert.

Keines der lebensgroßen Porträts des Sokrates ist mit einer Statue verbunden gefunden worden. Deshalb bietet nur eine Statuette in London die Möglichkeit, eine Vorstellung von der Statue des Sokrates zu bekommen, zu der die Köpfe im ursprünglichen Entwurf gehört haben müssen. Allerdings gehen kleinformatige Skulpturen oft recht frei mit ihren Vorlagen um.  

Die Statuette zeigt Sokrates ruhig stehend, beide Hände dicht am Körper. Er ist in einen Mantel gehüllt, der die rechte Schulter und die Brust freilässt. So erkennt man einen gealterten Körper mit erschlaffter Brust. Die etwas molligen Formen passen gut zum rundlichen Kopf. Sokrates dreht den Kopf zu seiner rechten Seite, er scheint wie im Gespräch einem Partner zugewandt.

 Sammlung E-learning Quellen Literatur
 Weise und Lehrer
Denkmal-Mahnmal-Monument
Platon
Xenophon
Philosophen
Platon, Symposion 215 Cicero, De Fato V Adamantios, Physiognomica I, 13
Diogenes Laertios II, 43
Gisela M. A. Richter: The Portraits Of The Greeks. Abridged Edition. Phaidon Press Limited, Oxford, 1984, S. 198ff.
Der neue Pauly: Enzyklopädie der Antike, Band 11, Metzler, Stuttgart, 1998