Attribute

Die Aussage von Porträts wurde durch Attribute und Beiwerk erweitert und spezifiziert. In der Regel handelte es sich um Gegenstände und Ausstattungsstücke am Körper der Bildnisdarstellungen, die wirklich getragen und genutzt wurden. Doch wurden den Porträtstatuen − seltener − auch symbolische Gegenstände beigegeben, und manche Attribute sind gerade wegen ihrer changierenden Bedeutung gewählt worden. Ausgesprochene Götterattribute und die Bedeutung ihrer Verwendung werden im Abschnitt über die theomorphen Darstellungen behandelt.

Ergänzungen zur Tracht

Einfache Ausstattungsstücke, wie etwa um die Brust getragene Schwertriemen, gehörten bei Männerporträts eigentlich zu einer Darstellung in militärischer Tracht. In Verbindung mit der Wiedergabe eines nackten Körpers unterstrich dieses Attribut deshalb die Tapferkeit des Dargestellten. Schon die Nacktheit wurde in griechischer Tradition als Zeichen körperlicher Leistungsfähigkeit verstanden.

Opferschale und mappa

Togastatuen mit einem über den Kopf gezogenen Togateil (capite velato) sind als Opfernde nach römischem Ritus zu verstehen. Sie müssen Opferschalen in der Hand gehalten haben, die heute meist verloren sind. Ein kleiner bronzener Togatus in der Göttinger Sammlung illustriert dieses Bildschema. Diese Haltung verwies auf die zentrale Tugend der pietas, verstanden als Erfüllung der Pflichten gegenüber den Göttern zur Sicherung von deren Wohlwollen.

Flavius Palmatus war im späten 5. Jahrhundert n.Chr. Provinzgouverneur von Karien (Kleinasien). Er trägt die spätantike Toga. Außerdem hält er in der Linken ein kurzes Amtsszepter, dessen obere Hälfte fehlt, und in der gesenkten Rechten ein Tuch, die mappa. Die mappa findet sich in zahlreichen Darstellungen hoher Magistrate der Spätantike und kennzeichnet ihren Rang. Ausrichtung und Finanzierung von Spielen in Circus und Amphitheater gehörten zu den Pflichten, die mit der Übernahme hoher Staatsämter verbunden waren. Den Beginn der Spiele signalisierte der spielgebende Magistrat, indem er die mappa in die Arena warf.

Ehrenkränze

Die wichtigste Guppe von Attributen sind Kränze. Sie wurden zu verschiedenen Gelegenheiten getragen, bei Festen, bei Opfern und als Auszeichnungen bei Wettspielen und im Krieg. In der repräsentativen Gattung der Porträts wurden aber nur solche Kränze dargestellt,

die auf Aspekte des Ranges der Person hinwiesen. Dazu zählen Priesterkränze, die gelegentlich nachzuweisen sind. Vorherrschend sind aber die römischen Ehrenkränze. Die römische Republik verfügte über ein breites Repertoire militärischer Ehrenkränze, die, wie alle anderen militärischen Ehrenzeichen auch, nach genau definierten Regeln verliehen wurden.

Von Kränzen, die beim Opfer getragen werden, unterscheiden sich Ehrenkränze durch lange Binden, mit denen die Kränze scheinbar geschlossen sind und die im Nacken herabhängen. Im Gegensatz zum hellenistischen Herrscherdiadem sind die Bindenenden meist rund − doch gibt es auch Ausnahmen von dieser Regel. Die Binden hießen lemnisci und waren ursprünglich eigenständige festliche Auszeichnungen. Ein Kranz mit Binde stellt also eine doppelte Auszeichnung dar.

Eichenkränze: Militärische Auszeichnung, kaiserliches Insigne und Götterkranz

Der vornehmste Kranz, der in Darstellungen nachzuweisen ist, ist der Eichenkranz. Er wurde ob cives servatos denjenigen Soldaten verliehen, die in der Schlacht Mitbürger retteten. Das bekannteste Monument eines Soldaten mit dieser Auszeichnung stammt aus der Nähe von Xanten. Der Grabstein des Marcus Caelius, der auf dem Varus-Feldzug 9 n.Chr. umkam, zeigt ihn mit allen Attributen, die ihm in seinem militärischen Rang zukamen. Der Stock aus Rebholz (vitis), der ihn als Centurio auszeichnet, ragt sogar über das Relieffeld hinaus. Auf dem Panzer liegen seine Ehrenzeichen, runde Reliefscheiben (phalerae) und verschiedene Ringe (armillae und torques). Auf dem Kopf trägt er die corona civica, die er wohl tatsächlich durch eigenen Einsatz auf dem Schlachtfeld verdient hatte.

Das Bild des Marcus Caelius zeigt einen der letzten normalen Soldaten, der diese Auszeichnung erhielt. Denn wie andere republikanische Auszeichnungen wurde auch die corona civica von den Kaisern monopolisiert.

Der Eichenkranz gehörte zu den hohen Ehrungen, die Augustus bei der nominellen Wiedereinrichtung der Republik im Jahr 27 v.Chr. vom Senat erhielt. Ein Eichenkranz wurde deshalb permanent an seiner Tür angebracht. Augustus selbst wurde häufig mit dem Kranz

dargestellt, wie in der Büste in München. In der Folge wurde der Eichenkranz in immer stärker ritualisierter Form verliehen. Schon bei den Nachfolgern des Augustus gehörte seine Verleihung zu den Konsensritualen, mit denen der Senat seine Zustimmung zu einem neuen Kaiser ausdrückte. Dabei spielte die Erinnerung an Augustus eine große Rolle. Der Eichenkranz wurde mit dem Titel des pater patriae verknüpft. Deshalb wurde er nach und nach für einfachere Menschen unerreichbar.

Bis in die Spätantike hinein behielt der Eichenkranz diese Bedeutung. Der Kopf Konstantins mit Eichenkranz gehört zu einer inschriftlich benannten Panzerstatue am Kapitolsplatz in Rom. Sie stellte ursprünglich einen der Tetrarchen mit Eichenkranz dar, doch wurde das Ehrenzeichen auch bei der Umwandlung in ein Porträt Konstantins beibehalten. Noch im 6. Jahrhundert n.Chr., fast 200 Jahre nach der Einführung des spätantiken Herrscherdiadems, konnte ein Herrscher den Eichenkranz als Attribut wählen.

Die Eiche gehört aber auch zu Jupiter. Der oberste Gott war der Weltherrscher, mit dem man die römischen principes gern verglich. So nutzte man die Ambivalenz des Zeichens, um allegorisch auf die Weltherrschaft anzuspielen. Diese Art poetischer Sprache wird nicht nur in der panegyrischen Dichtung selbst, sondern auch auf den Kameen verwendet, die damit hellenistische Traditionen fortführen.

Auf der Gemma Augustea thront Augustus wie Jupiter/Zeus mit dem Hüftmantel bekleidet und hat den Adler des Gottes neben sich. Ein Eichenkranz wird über seinen Kopf gehalten, Kranz des Jupiter und corona civica zugleich. Nichts zeigt den schillernden Charakter des Prinzipats zwischen Republik und Monarchie deutlicher als die Verwendung der Kränze.

Unter Caligula und Claudius wird es üblich, Statuengruppen der iulisch-claudischen Familie aufzustellen, die die Deszendenz des jeweils regierenden Kaisers von Augustus verdeutlichen sollen. Der verstorbene, divinisierte Augustus und der regierende Kaiser werden darin als ehemalige und aktuelle Weltherrscher charakterisiert, indem sie im Figurentypus des sitzenden Jupiter dargestellt sind. Dazu gehört der Eichenkranz in seiner Doppelbedeutung. Von einer solchen Statue stammt wohl der Kopf des Kaisers Claudius mit corona civica aus Italien, heute in Kopenhagen.

Ein Triumphatorenkranz?

Der Kranz eines Augustusporträts in Rom, Kapitolinische Museen, hat eine kompaktere Form als die Eichenkränze mit abstehenden Blättern. Hier scheinen die Blätter auf einen festen Kern mit rundem Querschnitt appliziert zu sein, außerdem trägt er drei ovale Schmuckscheiben. Bei den Blättern hat man an Lorbeer gedacht, doch sind sie nicht lanzettförmig. Die Bekränzung mit Lorbeer war die traditionelle Auszeichnung des Triumphators während des Triumphzuges, würde also auf die Sieghaftigkeit des Kaisers verweisen. Beim Triumph wurde allerdings ein zweiter goldener Kranz über das Haupt des Triumphators gehalten, der aus Eichenblättern, Binden und Edelsteinen bestand.

Die Besonderheiten des Kranzes ließen sich so als Darstellung eines Metallkranzes mit Edelsteinen erklären; die rundlichen Blätter sind vielleicht Steineichenblätter, die weniger gelappt sind als diejenigen anderer Eichenarten. Auch wenn es sich um keinen Lorbeer- sondern um einen Eichenkranz handelt, könnte er in dieser Form das Bild eines Triumphators bezeichnen.

Der Lorbeerkranz

Lorbeerkränze mit Bandschleife wurden ursprünglich von den Triumphatoren getragen. Augustus bekam im Laufe seiner frühen Karriere vom Senat in mehreren Etappen das Recht verliehen, den Kranz des Triumphators regelmäßig zu verschiedenen wiederkehrenden Anlässen zu tragen. Als Dokumentation dieser Ehrung wurde der Lorbeerkranz Augustus auch auf Münzen gegeben. Auf diese Weise wurde er zur dauernden Ausstattung des Princeps in der römischen Reichsprägung. Dagegen tragen ihn die rundplastischen Kaiserporträts fast nie, mit Ausnahme von Porträts aus einigen Provinzen, in denen man offenbar eine stärkere Hervorhebung der Position der Herrscher wünschte.  

Die Strahlenkrone

Die Strahlenkrone war nach dem Modell der Ehrenkränze gebildet, aber ein gänzlich fiktiver Gegenstand, der nur im Bild existierte. Am Anfang bestand sie aus einem dünnen Band mit Strahlen, deren Befestigung nicht genau zu erkennen ist. Auf den Münzen des 3. Jahrhunderts n.Chr. sieht sie aus, als sei sie aus Blech ausgeschnitten.

In der Rundplastik wurden Strahlenkronen sehr selten dargestellt. Dazu mussten metallene Strahlen in die Köpfe gesteckt werden. Nur die dafür nötigen Bohrlöcher sind erhalten. Bei einem Porträt des Gallienus aus Kleinasien in Kopenhagen hat man die Strahlen hinter einem Reif hervortreten lassen. In der früheren Kaiserzeit, etwa beim Divus Augustus, ist ihr Ansatz manchmal hinter Eichenkränzen versteckt.

Als Kreuzung zwischen einem Ehrenkranz und der Strahlenaureole des Sonnengottes wurde die Strahlenkrone für die Bildnisse des divinisierten Augustus eingeführt. Dieser hybride Gegenstand war eine der zahlreichen Ehrungen für den Verstorbenen, der in etwa ausdrückte, dass er wie der segensreiche Sonnengott über dem von ihm geschaffenenen Goldenen Zeitalter wachen werde. Nero ließ im Zuge seiner Propagierung des Goldenen Zeitalters Statuen seiner selbst mit diesem Attribut dedizieren. Seit Nero wurden Kaiserbilder mit der Strahlenkrone zudem in der Münzprägung das Kennzeichen von Dupondien und anderen Doppelnominalen. Im 3. Jahrhundert n.Chr. war daher die Strahlenkrone das Hauptattribut der principes auf den Münzen, weil das wichtigste Nominal, der Antoninian, ein Doppeldenar war. Strahlenkronen wurden höchstens ausnahmsweise von denjenigen Herrschern getragen, die wie Caligula eine Schwäche für gottähnliche Verkleidungen hatten. Die alte Doppelbedeutung als Ehrenzeichen und als Vergleich mit dem Sonnengott blieb jedoch immer erhalten.

Das verpönte Königsdiadem und seine Wiederkehr

Kein Attribut erregte die Gemüter so sehr wie das Diadem, das Abzeichen der hellenistischen Königswürde. An Kleopatra VII konnte man dieses weiß-purpurne Stoffband zur Zeit Caesars in Rom sehen. Das Porträt in Berlin zeigt es in seiner breiten Spätform, lang herabhängende Enden im Nacken sind zu ergänzen.

Caesar, der zeitweilige Partner der Kleopatra, scheiterte daran, dass seine Alleinherrschaft − mit oder gegen seinen Willen − zu nahe an eine Königsherrschaft heranrückte. Dabei spielte auch ein Diadem eine Rolle, das Antonius ihm öffentlich anbot, und das Caesar nach Unmutsäußerungen der Anwesenden demonstrativ ablehnte. In Rom wurde das Diadem als ein verhasstes Symbol der Unterdrückung republikanischer Freiheit angesehen. Der Verdacht, die Monarchie in Rom einführen zu wollen, führte schließlich zur Ermordung Caesars.

Das Diadem schied damit endgültig als mögliches Insigne römischer Kaiser aus. Als eindeutig königliches Abzeichen hätte es die im Prinzipat mühsam bewahrte Balance zwischen ostentativer Wahrung republikanischer Tradition und faktischer Monarchie gefährdet. Erst in der späten Kaiserzeit änderte sich das.

Im Laufe des 3. Jahrhunderts n.Chr. wurde die Fiktion des Prinzipats, eigentlich keine Monarchie zu sein, allmählich aufgegeben. Es entstand ein Bedürfnis, die Position, die die Kaiser einnahmen, sichtbar zu machen. Bereits die Tetrarchen führten Elemente eines Herrscherornats offiziell ein. Konstantin d.Gr. schließlich führte 324/5 n.Chr. das Königsdiadem wieder ein. Auf seinen Münzen wurde es dezidiert als Zitat nach dem hellenistischen Diadem gestaltet, als glattes Band mit fliegenden Enden. Schon kurze Zeit später wurde es mit Juwelen und Perlen besetzt. Es entwickelte sich von da an zu einem starren juwelenbesetzten Reif und im Verlaufe der Jahrhunderte zur byzantinischen Krone.

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Attribute von Frauen: stephane und vitta

Da Frauen keine magistratischen Ämter bekleiden konnten, fehlen an ihren Porträts auch entsprechende Insignien. So sind die Attribute an weiblichen Porträtköpfen vorwiegend als Schmuck zu verstehen. Doch ist nur ausnahmsweise an einigen spätrepublikanischen Frauenporträts und an lokalen Bildnissen in einigen Provinzen reicher Schmuck zu sehen. Auch römische Damen waren nach literarischen Berichten schwer mit Schmuck beladen, doch finden sich an Porträts meist nichts davon, nicht einmal Ohrringe. Eine Ausnahme bilden die Haarreifen im Stirnhaar, die mit der antiken Vokabel stephane bezeichnet werden.

Einen solchen Reifen, der sich mondsichelförmig über der Stirn erhebt, trägt der Kolossalkopf der sogenannten Juno Ludovisi. Dieser Kopf wurde lange für eine Göttin gehalten; noch heute meinen einige Betrachter, die überpersönlich erhabenen Züge seien nur mit dem Bild einer Göttin zu vereinbaren. Der Haarreif kommt sicher aus der Ikonographie von Göttinnen. Doch trägt der Kopf unübersehbar eine Modefrisur der julisch-claudischen Zeit. Besonders charakteristisch sind die zu einer Schlaufe im Nacken zusammengebundenen Zöpfe. Am ehesten ist die Frisur mit Bildnissen der Antonia minor zu verbinden.

Auch andere Damen der julisch-claudischen Dynastie tragen eine stephane, z.B. die Enkelin der Antonia minor, Agrippina minor, bei einem Porträt in Kopenhagen. Der Reif war als filigranes Gitter gearbeitet und ist weitgehend abgebrochen. Solche Haarreife sollten die Damen wohl ebenso der Ikonographie von Gottheiten annähern wie die Kränze der Männer, doch sind sie keiner bestimmten Göttin entlehnt. Vielleicht wurden sie als Schmuckstücke wirklich getragen, jedenfalls macht ihre aufwendige Verzierung den Eindruck wirklicher Goldschmiedearbeit.

Vor der stephane der Juno Ludovisi liegt eine Wollbinde, die vitta, die durch Einschnürungen in ovale Abschnitte geteilt ist. Sie fällt beidseitig auf die Schultern, eingedreht in herabhängende Lockenspiralen. Diese Binde verweist möglicherweise auf ein bestimmtes Priesteramt. Antonia minor war, wie vor ihr Livia, Priesterin des vergöttlichten Augustus. Vielleicht bot die vitta also einen gewissen Ersatz für die magistratischen Ämter und ihre Insignien, die Frauen verwehrt blieben.

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 Frauenporträt  

Die Göttinger Sammlung bietet nur eine begrenzte Auswahl von Porträts mit Attributen, die längst nicht alle vorkommenden Gegenstände umfasst. So fehlen Beispiele für Schriftrollen und Schriftrollenbehälter, die auf geistige oder magistratische Tätigkeit hindeuten, ebenso wie die Requisiten von Wagenlenkern oder Helden der Arena. Diese kurze Einführung muss darum genügen, um grundsätzlich auf die Bedeutung von Attributen für die Benennung und Interpretation von Porträts hinzuweisen.