Ehrenstatuen

Die Praxis der Aufstellung von Ehrenstatuen in Rom und in den Städten des römischen Reiches war eingebunden in die sozialen und politischen Beziehungen, die den Status einer Person in Gesellschaft und Staat definierten. Ehrenstatuen waren grundsätzlich Ausdruck eines überdurchschnittlichen Status der Dargestellten. Welche Bedeutung eine Ehrenstatue für das öffentliche Ansehen einer Person hatte, zeigen die zahlreichen Nachrichten über einzelne Monumente in historischen Schriften. Ikonographie, Aufstellungsort und Aufwand wurden bis in Nuancen wahrgenommen und bewertet. Schon in Zeiten der Republik und später in der Kaiserzeit ging der Sturz von Machthabern darum mit dem Sturz ihrer Statuen einher.

Die Sitte, Ehrenstatuen zu errichten, wurde in Rom aus dem griechischen Kulturkreis übernommen. Die Einrichtung der Demokratie in Athen und der Republik in Rom fand etwa gleichzeitig zu Beginn des 5. Jahrhunderts v.Chr. statt und wurde schon von antiken Historikern parallelisiert. Sie berichten auch, dass die frühesten Ehrenstatuen in Rom ebenso wie in Athen in dieser Zeit entstanden. In der Epoche der römischen Republik waren Ehrenstatuen besonders wichtig, weil in deren Wertesystem nur die Tätigkeit für den Staat zählte. Doch Leistungen wurden erst durch Anerkennung, die sich in einer öffentlichen Ehrung ausdrückte, in Ansehen umgemünzt. Da das Prinzipat sich nominell als wiederrichtete Republik verstand, waren die Kaiser die obersten Beamten, mit entsprechenden Ehrungen.

Bei der Errichtung von Ehrenstatuen gab es Abstufungen, denn es kam darauf an, wer wem wo eine Ehrenstatue errichtete. Verschiedene Stifter und Aufstellungsorte für Ehrenstatuen kamen in Frage:

Forum

Im besten Fall wurde eine Ehrung durch den römischen Senat beschlossen, prominentester Aufstellungsort war das Forum. Auch ohne einen solchen Beschluss wurden auf dem Forum Statuen aufgestellt, die vom Senat nur genehmigt waren oder zumindest geduldet wurden. Solche Statuen wurden zuerst abgeräumt, wenn die Zahl der Monumente den Platz unpassierbar zu machen drohte. Mit Statuen auf dem Forum Romanum als politischem Zentrum der Stadt wurden vor allem politische und militärische Verdienste geehrt. Seit 158 v.Chr. durften nur noch Statuen, die vom Senat beschlossen wurden, aufgestellt werden.

In der Kaiserzeit wurden die besten Plätze von Ehrenstatuen der Kaiser eingenommen: Statuen in der Mitte von Plätzen, auf Ehrenbögen etc. Die Göttinger Sammlung besitzt einen Abguss des Kopfes der bronzenen Reiterstatue des Marc Aurel, die heute in der Mitte des Kapitolsplatzes steht. Reiterstatuen sind eine besonders aufwendige Form von Ehrenstatuen auf Fora, wie das eingangs gezeigte Fresko aus Pompeji illustriert.

Ein Relief vom Grab der Haterier zeigt auf einem Bogen die Figur eines Kaisers, der auf einem Wagen mit Viergespann steht. Auf diesem Relief aus dem Grab eines Bauunternehmers scheint die Statuengruppe zwar nebensächlich und ist zwischen Bogen und Oberkante des Reliefs eingeklemmt. Doch ist durch antike Quellen belegt, dass Bogenmonumente als eine gesteigerte Form von Statuenbasen galten.

In Rom war eine Ehrenstatue für nicht kaiserliche Personen im öffentlichen Raum auf kaiserliche Billigung angewiesen. Es war unklug oder gar gefährlich, hier allzu großen Ehrgeiz zu entwickeln. Im Vergleich zu Rom gab es auf den Fora von kleineren Provinzstädten in der Kaiserzeit mehr Ehrenstatuen für Angehörige der lokalen Führungsschicht, darunter auch solch aufwendige Ehrungen wie Reiterstatuen und Bogenmonumente. Neben Kaiserstatuen sind Statuen hoher Provinzmagistrate die letzten rundplastischen Skulpturen, die noch 100 Jahre lang hergestellt wurden, als die Produktion anderer Rundplastik schon eingestellt worden war.

Öffentliche Gebäude

Ein ebenfalls begehrter Aufstellungsort für Ehrenstatuen war das Innere von Gebäuden, die der Öffentlichkeit zugänglich waren, z.B. Basiliken, Theater, Bibliotheken oder Markthallen. Die Statue des Flavius Palmatus war in Aphrodisias in einem Gebäude des Theaterbezirks aufgestellt.Die Stifter solcher Gebäude hatten das Recht, selbst ihre Statuen dort zu errichten. Eleganter war aber die Praxis, eine Ehrenstatue von den dankbaren Empfängern großzügiger Stiftungen aufstellen zu lassen. Der Aufstellungsort einer solchen Statue konnte von vorneherein in der Anlage eines gestifteten Gebäudes vorgesehen sein. Man darf deshalb annehmen, dass die Empfänger dieser Ehrungen die Kosten dafür direkt oder indirekt selbst trugen. Für eine Stiftung konnten auch Frauen öffentlich mit einer Statue geehrt werden. Andere Möglichkeiten standen ihnen kaum offen, weil sie nur selten Zugang zu politischen Ämtern hatten.

Kaiserstatuen standen auch in öffentlichen Gebäuden, z.B. stammt die Togastatue des Augustus aus einer Basilika in Korinth, die in der Regierungszeit des Caligula erbaut wurde. Sie gehört zu einer dynastischen Statuengruppe, in der die Statuen der Enkel des Augustus noch mit Porträtköpfen erhalten sind.

Die Überlieferungslage erlaubt hier, wie auch sonst häufig, keine Entscheidung der Frage, ob diese Kaiserstatue im Kaiserkult eine Rolle spielte. Denn in Gebäuden, wo man Lokale für den Kaiserkult vermuten kann, wurden Statuen nicht nur von Kaisern, sondern daneben auch von ihren Angehörigen gefunden, die keinen Kult erhielten. Kultlokale konnten in Markthallen, Basiliken etc. integriert sein, aber auch als eigene Bauten der Augustalen, also von Vereinen, die sich dem Kaiserkult widmeten, im Zentrum antiker Städte stehen. Ein solcher Kultraum mit Porträts des flavischen Kaiserhauses wurde in Misenum freigelegt. In julisch-claudischer Zeit waren vielfigurige dynastische Gruppen besonders verbreitet.

Wohnhäuser

Ehrenstatuen waren nicht auf den öffentlichen Raum beschränkt. Vor allem in Rom waren auch die Häuser und Villen einflussreicher Männer Aufstellungsorte für Ehrenstatuen. Inschriften bezeugen, dass solche Statuen z.B. von Angehörigen der familia oder Klienten errichtet wurden; sogar ganze Städte auf dem Gebiet des römischen Reiches bedankten sich auf diese Weise für die Vertretung ihrer Interessen in Rom. Alle diese Stifter hatten kein Recht, Statuen auf öffentlichen Plätzen Roms aufzustellen und mussten darum auf Orte ausweichen, wo keine offizielle Genehmigung für eine Statue nötig war. Die Empfangsräume von Häusern standen Freunden, Gästen, Klienten und Geschäftspartnern der Haushherren offen. Dort aufgestellte Ehrenstatuen richteten ihre Botschaft zwar nur an eine eingeschränkte Öffentlichkeit, aber in diesem Rahmen waren sie umso eindrücklicher.

Der für Publikumsverkehr geöffnete Bereich der Häuser galt gewissermaßen als Verlängerung des Forums. Das heutige Verständnis von Häusern als privatem Lebensbereich kann also nicht ohne weiteres auf die römische Antike übertragen werden − ebensowenig wie auf offizielle Residenzen neuerer Zeiten. Dies erinnert auch daran, dass die heute konventionelle Bezeichnung für Bildnisse nicht kaiserlicher Personen als „Privatporträts“ zu einem großen Teil Porträts gilt, die nicht für Privatleute, sondern für Amtsträger in einer offziellen Funktion errichtet wurden.

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Ahnenporträt & Porträt im Haus