Porträts hellenistischer Könige

In der Zeit des Hellenismus nimmt der in klassischer Zeit herausgebildete Brauch zu, Personen durch Errichten von Bildnissen zu ehren. Im Verhältnis zwischen den Königen und den Stadtstaaten, die in die Königreiche integriert wurden, war das Aufstellen von Bildnissen eines von zahlreichen Ehrungsritualen. Darin drückten sich die Beziehungen der Städte zu den Herrschern aus, meist als Dank für erwiesene Wohltaten. Daneben gab es den Herrscherkult mit den entsprechenden Riten vor den Bildnissen von Herrschern. Im antiken Sinne war dies vollgültige Religion, für christlich-jüdisches Religionsverständnis hingegen die höchste Form der Ehrung, wie auch eine der antiken Bezeichnungen für diesen Kult erkennen lässt: isotheoi timai, göttergleiche Ehren.

Dass die hellenistischen poleis eine wichtige Rolle bei der Aufstellung von Herrscherporträts spielten, liegt daran, dass ihr Eigenleben auch nach ihrer Eingliederung in Königreiche keineswegs zurückging. Auch wenn eine markante Außenpolitik den Stadtstaaten oft nicht möglich war, gab es zahllose diplomatische Missionen, die durch prominente Bürger erledigt wurden. Wohlhabende Bürger suchten sich gegenseitig in Stiftungen für ihre Stadt zu übertreffen. Dafür wollten sie ihre Position durch entsprechende Ehrungen hervorgehoben sehen, auch durch Bildnisehrungen. Bei der Errichtung von Herrscherbildnissen konnte man an dieses System des Austausches von Leistungen und Ehrungen anknüpfen. Neben anderen Funktionen von Porträts war die des Ehrenbildnisses sicher die hervorragendste.

Nach dem Tod Alexanders d.Gr. 323 v.Chr. teilten seine Generäle das riesige Reich unter sich auf. Sie wollten es zunächst interimistisch verwalten, um es später einem herangewachsenen Erben Alexanders zu übergeben. Schnell wuchs bei den Einzelnen der Gedanke, selbst dauerhaft Herrscher ihres Reichsteiles oder gar des Gesamtreiches zu werden. Von 306/5 v.Chr. an nahmen die Generäle in ihren Reichsteilen den Königstitel an, allen voran Ptolemaios I in Ägypten.

Die hellenistischen Reiche hatten unterschiedliche ethnische und kulturelle Strukturen. Nur wenige waren vornehmlich makedonisch oder griechisch geprägt. In anderen, wie in Ägypten, stand eine dünne makedonisch-griechische Oberschicht einer zahlenmäßig überlegenen lokalen Bevölkerung gegenüber. Das zunächst riesige Seleukidenreich war das Beispiel eines Vielvölkerstaates mit vielfältigen lokalen Traditionen.

Die Könige mussten entsprechend vielfältige, von Traditionen bestimmte Rollen übernehmen. Dies ist wiederum in Ägypten deutlich. Die Könige mussten dort einerseits griechisch-makedonische Kriegsherren sein, aber auch die religiös-rituelle Rolle des ägyptischen Pharao übernehmen. Diese Vielfalt der Rollen, aber auch die Konkurrenzen zwischen den hellenistischen Reichen schlugen sich in der Repräsentation der Herrscher nieder.

Bei der Beschäftigung mit den Porträts hellenistischer Herrscher ist zunächst die Überlieferungslage zu berücksichtigen: Die Materialbasis des Erhaltenen ist schmal, besonders anspruchsvolle großformatige Porträts sind nur selten erhalten. Um so wichtiger ist, die Merkmale zu bestimmen, durch die eine Identifizierung und bestenfalls eine Benennung von königlichen Bildnissen möglich ist.

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 Überlieferung & Identifizierung  

Die Kontexte, Bildmedien und Funktionen hellenistischer Königsporträts zeigen ein weiteres Spektrum als die zuvor üblichen Porträts griechischer Städte. Zwar spielt die Ehrenstatue weiter eine zentrale Rolle, doch Bildnisse der Herrscher sind nun auch in anderen Zusammenhängen verbreitet: Dem Beispiel Alexanders d.Gr. folgend, erscheinen sie auf Münzen und Siegelringen, Kameen und anderen Prunkgegenständen. Da die hellenistischen Reiche zum Teil auf dem Territorium von Vorgängerstaaten mit einer stark ausgeprägten eigenen Tradition entstanden, mussten die hellenistischen Könige auch die lokalen Vorstellungen von Rollen und Bildern eines Königs berücksichtigen. Das ptolemäische Ägypten liefert dafür zahlreiche Beispiele.

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 Kontexte & Medien  

Für die Darstellung hellenistischer Könige setzte sich eine Individualisierung der Köpfe durch. Auch die Körper konnten Träger vielfältiger Aussagen sein. An Königen wurden vor allem die körperliche und militärische Leistungskraft betont. Daneben wurden Dastellungen immer wichtiger, die die Herrscher in die Nähe von Göttern rückten: Figurentypen und Ausstattung waren austauschbar. Durch Gruppenkompositionen mit mehreren Angehörigen einer Dynastie, Personifikationen und Göttern konnten facettenreiche Programme ins Bild gesetzt werden.

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 Körper & Gruppen  

Die meist ohne die zugehörigen Körper überlieferten Porträtköpfe der Nachfolger Alexanders d.Gr. sind neuartige Entwürfe, die sich sofort deutlich von den konventionellen Bildnissen der Bürger griechischer Städte absetzen. Statt der traditionellen Bürgertugend der Zurückhaltung demonstrieren diese Bildnisse kraftvolle Individualisierung. Später etablieren sich in den einzelnen Dynastien jeweils Traditionen der Selbstdarstellung des Herrschers, doch sind auch immer wieder Abweichungen vom Gewohnten zu beobachten, um gezielte programmatische Aussagen zu machen.

Einem Bericht über die Mimik und Posen von Herrscherporträts ist zu entnehmen, wie sie von antiken Betrachtern verstanden werden konnten.

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 Herrscherköpfe
Interpretation
  

Da in den Dynastien der hellenistischen Reiche die Macht durch Vererbung an die eigenen Nachkommen weitergegeben wurde, fiel den weiblichen Angehörigen eine wichtige Rolle zu. Königinnen konnten als Mitregentinnen ihrer Männer oder Söhne agieren. Ihre Porträts wurden ebenso wie die der Könige in verschiedenen Medien häufig dargestellt. Sie haben mehrfach individuelle Züge, wenn auch zurückhaltender als ihre männlichen Pendants. Dennoch bezeichnet dies ein Novum in der Darstellung von Frauen, die in den Städten in gewissem Umfang dem königlichen Vorbild folgten.

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 Frauen