Kaisersaal

Hier werden vor allem die Porträts von römischen Kaisern in zeitlicher Folge präsentiert. Die Vertrautheit mit Kaiserbildnissen gehört zum Grundwissen der Klassischen Archäologie, das von Studierenden erwartet wird. Dieser Teil soll als Referenz und Ausgangspunkt für das Selbststudium dienen. Herrscherbildnisse geben über weite Strecken die Leitformen vor, die die Entwicklung der Porträtkunst in der römischen Kaiserzeit prägen: − An den gut datierbaren Porträts von führenden Politikern, Kaisern und ihren Angehörigen lassen sich die Moden und Stile ihrer Zeit ablesen. − Teilweise folgen Herrscherporträts den allgemeinen Entwicklungen von Tracht und Kunst, teilweise prägen sie innovative Entwürfe. − Privatleute orientieren sich ihrerseits an den Formen, die die Porträts von Kaisern und Prinzen, Kaiserinnen und Prinzessinnen vorgeben.

Späte Republik
Sicher benennbare Porträts von Politikern der Römischen Republik sind uns erst aus der Spätzeit, seit dem mittleren 1. Jahrhundert v. Chr., überliefert: Wir kennen die Bildnisse von Pompejus, Caesar, Crassus, Cicero, Marc Anton, Octavian und Agrippa. Diese Porträts unterscheiden sich stark voneinander. Das macht es schwer, zu entscheiden, was durch Traditionen bedingt oder was individuelle Züge sein könnten, und welche Aussagen die Stilisierung den Betrachtern jeweils vermitteln sollte.

Julisch-claudische Dynastie
Das Porträt des Augustus in seiner kunstvoll stilisierten Jugendlichkeit stellt einen Neuanfang dar. Gegenüber den Bildnissen von Politikern der Republik, denen ihre Erfahrenheit ins Gesicht geschrieben steht, wird hier ein junger Hoffnungsträger präsentiert. Diese Bildprägung blieb nicht nur bis weit über die Jugendzeit des Augustus hinaus gültig, sondern prägte auch die Bildnisse seiner Nachfolger, bis Nero einen Neuansatz versuchte.

Vierkaiserjahr
Nach dem Sturz Neros, des letzten julisch-claudischen Kaisers, konkurrierten mehrere Bewerber um den Thron. Ihre Bildnisse zeigen, mit welch verschiedenen Formen der Selbstdarstellung sie um Anhänger warben.

Flavische Dynastie
Mit dem von Alterszügen geprägten Porträt Vespasians knüpfen die Bildnisse der flavischen Dynastie einerseits wieder an die republikanische Tradition an. Andererseits sind die Söhne des alten Kaisers mit ihren modischen Frisuren und fülligen Gesichtszügen nicht weit von den späten Porträts Neros entfernt.

Adoptivkaiser
Die Porträts von Nerva und Trajan geben sich offenbar betont schlicht und nüchtern. Mit Hadrian kommen dagegen aufwendige Lockenfrisuren und Bart in Mode. Diese Züge deuten wohl einerseits auf gepflegtes Wohlleben, andererseits auf philosophisch bestimmte Lebensführung hin. Lockenreiche Luxusfrisuren und entrückte Mimik bestimmen die Selbstdarstellung der Kaiser bis zum Ende der Dynastie.

Kaiser 191-194 n. Chr.
Nach dem Ende der antoninischen Dynastie gab es eine kurze Phase innerer Unruhen. Die konkurrierenden Kaiser dieser Jahre zeigen in ihren Bildnissen einerseits neue Ansätze kaiserlicher Selbstdarstellung, andererseits das Bemühen um Kontinuität.

Severische Dynastie
Nach dem gewaltsamen Ende des letzten antoninischen Kaisers Commodus bemüht sich der erfolgreiche Kandidat für die Nachfolge, Septimius Severus, auch im Porträt an die Tradition der Vorgängerdynastie anzuknüpfen. Die jüngeren Kaiser der Dynastie bemühen sich um neue Formen, die wegweisend für die Entwicklung im 3. Jahrhundert n.Chr. wurden.

Soldatenkaiser
Nach dem Ende der severischen Dynastie wechselten die Kaiser in rascher Folge. Die meisten wurden von Teilen des Heeres eingesetzt, weswegen diese Zeit des mittleren 3. Jahrhunderts n. Chr. als Soldatenkaiserzeit bezeichnet wird. Mehrfach regierten mehrere konkurrierende Kaiser gleichzeitig, häufig nur für wenige Wochen. Größere Verbreitung dürften ihre Bildnisse nicht erreicht haben, und so kann auch die Göttinger Sammlung von Gipsabgüssen nur mit einer Auswahl aufwarten. Die Porträts der Zeit der Soldatenkaiser erreichen eine zuvor unbekannte Expressivität bei gleichzeitiger Loslösung vom Naturvorbild.

Tetrachen
An den Porträts der Kaiser der Tetrarchie ist bemerkenswert, wie weit sie entindividualisiert werden konnten. Zugleich scheinen lokale Stilformen wichtiger zu werden als die Orientierung an einem zentralen Typus. Die Gruppe der Tetrarchen in Venedig ist ein besonders eindrucksvolles Beispiel dafür.

Konstantinische Dynastie
Mit Konstantin findet die Experimentierphase, in der nach einem neuen, angemessenen Herrscherbildnis gesucht wurde, ihren Abschluss. Nach Aufgabe der Prinzipatsverfassung des Kaisertums konnte der monarchische Charakter der Herrscher in einer neuen, Erhabenheit signalisierenden Form ausgedrückt werden.

Spätantike Kaiser
In der Spätantike nimmt die Produktion von Kaiserporträts ab. Nur vereinzelt sind noch benennbare Exemplare erhalten. Sie zeigen teils die Fortführung der konstantinischen Tradition, teils neue Elemente.