Späte Republik

Sicher benennbare Porträts von Politikern der Römischen Republik sind uns erst aus der Spätzeit, seit dem mittleren 1. Jahrhundert v. Chr., überliefert: Wir kennen die Bildnisse von Pompejus, Caesar, Crassus, Cicero, Marcus Antonius, Octavian und Agrippa.  

Die Voraussetzungen für die Identifizierung römischer Politikerporträts wurden in dieser Zeit geschaffen, denn erstmals wurden Porträts von führenden Staatsmännern mit Namensbeischriften in Rom auf Münzen geprägt. Gesicherte Porträts des unterlegenen Gegenspielers Octavians, Marc Anton, sind sogar nur von Münzen bekannt. Denn auch das Zerstören von Porträtstatuen politischer Gegner gehörte zu den heftigen Kämpfen zwischen den führenden Politikern der späten römischen Republik.  

Die Münzporträts folgten offenbar detailgetreu den Entwürfen, die auch Porträts in anderen Gattungen zugrunde lagen. Deshalb ist es möglich, die rundplastischen Porträts der Hauptakteure der späten Römischen Republik durch einen Vergleich mit Münzbildern zu identifizieren.  

Das öffentliche Erscheinungsbild der Politiker der späten römischen Republik wurde durch die Einführung von solchen Prototypen vereinheitlicht. So verbreitete sich in den verschiedenen Gattungen der bildenden Kunst ein Bildtypus für eine Person, der durch diese ständige Wiederholung überall leicht wiedererkannt werden konnte. Diese Praxis war Rom eine Neuerung spätrepublikanischer Zeit, die aber wohl Vorläufern in späthellenistischen Königreichen abgeschaut war, v.a. aus dem ptolemäischen Ägypten. Sie bildete später die Grundlage für die Vervielfältigung der Porträttypen römischer Kaiser.   Die historischen Quellen berichten von verschiedenen Anlässen und Orten für die Aufstellung von Porträtstatuen; offenbar spielte die Selbstdarstellung durch Porträts in der politischen Auseinandersetzung eine wichtige Rolle. Doch lassen sich die in Kopien erhaltenen Porträttypen nur hypothetisch mit diesen Nachrichten verbinden, weil die Textzeugnisse darüber schweigen, ob die erwähnten Statuen Anlass für Neuschöpfungen von Porträttypen waren, oder ob sie bereits etablierten Typen folgten.  

Pompejus

Das bedeutendste erhaltene Porträt des Pompejus stammt aus einem Grabbau von Mitgliedern der gentes der Licinii, Crassi und Pisones, die ihn zu ihren Vorfahren zählten, an der Via Salaria in Rom. Es befindet sich heute in Kopenhagen. Die Herkunft ist wichtig, weil sie dokumentiert, dass dies ein Porträt des Pompejus ist, das von adelsstolzen Vertretern der Familientradition noch in der frühen Kaiserzeit als würdiges Abbild angesehen wurde.  

Seit das Porträt bekannt und durch Münzvergleich als Pompejus benannt ist, wird in Beschreibungen und Interpretationen immer wieder der zwiespältige Eindruck hervorgehoben, den das Bildnis auf moderne Betrachter macht:  

Während das Untergesicht bis zu den Augen bis auf die Andeutung eines Lächelns ruhig wirkt, ist die Stirn in Falten gelegt, darüber sträubt sich ein Büschel Haare empor, wohl wegen eines Wirbels über der Stirnmitte. Es ist eigenartig, dass die starke mimische Anspannung der Stirn nicht einmal in der Augenpartie eine Fortsetzung findet, sondern im Gegenteil die Augen unter den weit über die Augäpfel gezogenen Lidern noch kleiner erscheinen als sie ohnehin schon sind. Diese Augen, die kräftige Nase und der schmale Mund zusammen ergeben ein „braves Gesicht“ (os probum), wie Zeitgenossen den Ausdruck des Pompejus beschrieben.

Dagegen verrät die hochgezogene, in Falten gelegte Stirn innere Bewegung, was durch den pathetisch hochgeworfenen Haarwirbel über der Stirn noch betont wird. Stirn und Frisur sind mit einem anderen Aspekt der Selbstdarstellung des Pompejus verbunden worden, nämlich dem schmeichelhaften Vergleich mit Alexander d. Gr.  

Historische Quellen berichten, dass Pompejus sich gerne mit Alexander d. Gr. vergleichen ließ. Greifbarer Beleg dafür ist seine Annahme des Beinamens „Magnus“. Nicht nur seine Leistung, sondern auch sein Aussehen soll Alexander d. Gr. ähnlich gewesen sein. Es kann sich in spätrepublikanischer Zeit zum einen nur um eine Ähnlichkeit mit den Bildnissen des Makedonenkönigs gehandelt haben. Andererseits stellt sich die Frage, ob die Ähnlichkeit am lebenden Menschen Pompejus beobachtet wurde, oder ob solche Äußerungen erst eine Reaktion auf entsprechend stilisierte Porträts waren.  

Im Porträt wird die Angleichung von Pompejus an Alexander d. Gr. durch die über der Stirn hochgesträubten Haare ins Bild gesetzt. Dieses Frisurdetail (anastole) ist charakteristisch für die Bildnisse des Makedonenkönigs und wurde für das Pompejusporträt übernommen.

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Crassus

Aus demselben Grabfund wie das Porträt des Pompejus in Kopenhagen stammt ein weiteres Porträt, von dem noch weitere Repliken erhalten sind. Mit Blick auf den Stammbaum der Familie der Grabinhaber wurde es als das Bildnis des M. Licinius Crassus identifiziert, Konsul 70 und 55 v. Chr., einer der Triumvirn des Jahres 60/59 v. Chr. und einer der reichsten Männer seiner Zeit.   Das Porträt zeigt ungeschönt einen älteren Mann mit kurz geschnittenem Haar. Sorgfältig registriert sind die Altersfalten auf der Stirn, um die Augen und den Mund, ebenso die erschlafften Wangen. Zusammengezogene Brauen und Kopfwendung signalisieren Energie und Tatkraft. Der Gesichtsausdruck ist ernst. Die Verbindung genau beobachteter Züge eines gealterten Gesichts mit gedämpftem, aber doch spürbarem Pathos in Mimik und Bewegung ist wohl kennzeichnend für die Selbstdarstellung von Politikern der späten römischen Republik.

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Caesar

Caesar war der erste römische Politiker, der noch zu Lebzeiten sein Bildnis auf Münzen Roms setzen ließ. Die Münzbilder, die im Jahr 46 v. Chr. geprägt wurden, zeigen einen schmalen Kopf mit hagerem Gesicht und einem langen, faltigen Hals. Der Kopf ist mit einem Lorbeerkranz bekrönt, der den Haaransatz über der Stirn verdeckt. Unmittelbar hinter dem Kranz bildet der Schädel eine leichte Mulde. Diese Mulde, ebenso wie die anderen erwähnten Charakteristika, findet sich an einem Porträt Caesars aus Tusculum in Turin wieder. Das Bildnis gehört zu einem Typus, von dem es mehrere Kopien gibt und dem anscheinend auch das Münzbild folgt.  

Dieser Porträttypus zeigt Caesar als älteren Mann mit Alters- und Mimikfalten. Die Wangen sind gefurcht, die Nasolabialfalten und die Grübchen an den Mundwinkeln ausgeprägt. Die Stirn ist von Horizontalfalten durchzogen; über der Nasenwurzel bilden sich zwei Vertikalfalten, die für einen angespannten, konzentrierten Blick sorgen. Der Haaransatz weicht über den Schläfen weit zurück, dazwischen sind die Haare auf dem Vorderhaupt zu einer Spitze nach vorn gekämmt − eine kunstvoll kaschierte Stirnglatze.  

Bei aller feinteiligen Ausarbeitung ist das Porträt aus Tusculum im Ausdruck unpathetisch zurückhaltend. Die Bewegung in Augen- und Mundpartie ist so subtil, dass sie nur bei entsprechender Ausleuchtung sichtbar wird. Vermutlich wollte Caesar sich durch die prosaisch nüchterne Stilisierung seines öffentlichen Erscheinungsbildes bewusst vom hellenistischen Pathos seiner Zeitgenossen und Konkurrenten absetzen.

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Cicero

Porträts des Politikers Cicero waren noch in der römischen Kaiserzeit verbreitet, weil er als Schriftsteller dauerhaft berühmt war. Die Benennung der Kopienserie seines Porträttypus gründet sich auf eine Büste mit Namensinschrift. Zwar ist die Authentizität der Inschrift bezweifelt worden, doch sprechen gute Gründe dafür, an der Benennung als Cicero festzuhalten. Weitere Schwierigkeiten ergeben sich daraus, dass die Kopien einen mehr oder weniger kahlen Vorderkopf zeigen. Wo keine oder nur wenige Haare vorhanden sind, stößt die bewährte Methode des Lockenzählens an ihre Grenzen; es bleibt nur die Betrachtung der Gesichtszüge.   Die kaiserzeitliche Kopie des Porträtkopfes Ciceros in Rom, Musei Capitolini, zeigt ihn als fülligen älteren Mann mit Altersfalten und Stirnglatze. Der Kopf ist zu seiner linken Seite gedreht. Dieser energischen Bewegung entspricht die Mimik: Stirn und Brauen sind zusammengezogen, was einen konzentrierten Blick ergibt. Die Lippen sind leicht geteilt, wie es dem aktiven Politiker und Redner angemessen scheint. Das Gesicht wirkt mit seinen erschlafften Formen und Falten nicht geschönt, doch wurde auf eine Darstellung krasser Alterszüge verzichtet. Mäßigung verrät auch das gedämpfte Pathos von Mimik und Bewegung.

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Octavian & Agrippa

Die frühesten Porträts Octavians zeigen ihn als Erben Caesars. Er war zu Zeit ihrer Entstehung wohl noch keine zwanzig Jahre alt. Darum konnte er im Porträt nicht mit altgedienten Protagonisten der Politik konkurrieren, deren Erfahrung ihnen gewissermaßen ins Gesicht geschrieben stand. Er setzte darum notgedrungen auf ein Bild des jungen Hoffnungsträgers, dessen einzige Legitimation seine Verbindung zu Caesar war.  

Das Porträt des Octavian aus Alcudia gehörte zu einer Togastatue. Trotz dieses altrömisch anmutenden Gewandes ist der Kopf in der Art hellenistischer Herrscherbildnisse pathetisch zurückgeworfen und gedreht. Dazu passt der aufgeworfene Haarschopf über der Stirn. Der lange Hals erinnert an Caesarporträts. Auch die Hagerkeit der Gesichtszüge mit den beinahe eingefallen wirkenden Wangen könnte mit der Absicht gewählt sein, den jungen Mann in die Nähe der Porträts führender Männer der römischen Republik zu rücken, die in der Regel ältere Männer waren. So kommt es zu dem Paradox, dass gerade die frühesten Bildnisse des Octavian, anders als seine späteren als Augustus, ältlich wirkende Züge tragen. Später konnte oder wollte er von dem einmal etablierten Bild als jugendlicher Held nicht mehr abgehen. Im Porträt altert er also nicht, sondern seine Züge werden im Gegenteil in eine zeitlos jugendliche Form überführt.  

Wie außergewöhnlich diese Stilisierung war, zeigt die Gegenüberstellung von Octavians- und Augustusporträts mit den Porträts des Agrippa, der ein Altersgenosse des Augustus war. Sein offizielles Porträt, das durch einen Vergleich mit Münzen identifiziert werden kann, zeigt ihn nicht so knabenhaft schlank wie Octavian, sondern als jungen Mann mit breitem und fleischigem Gesicht. Ungeschönte Gesichtszüge mit ernstem und energisch angespanntem Ausdruck sowie kunstlos kurz geschnittene Haare stellen dieses Porträt in die spätrepublikanische Tradition. Doch auf pathetische Züge hellenistischer Deszendenz, die am Octaviansporträt noch zu beobachten sind, wurde in diesem später entstandenen Porträt verzichtet.  

Am Ende der Republik und zu Beginn der Prinzipatszeit stehen hellenistische und republikanische Traditionen sowie der neue Typus der Bildnisse des Augustus nebeneinander. In verschiedenen Phasen der weiteren Entwicklung sind die Nachwirkungen zu beobachten, die sich aus dieser Ausgangslage ergeben.

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