Augustus (C. Octavius, später C. Caesar, dann Imperator Caesar Augustus) 31 v. Chr. – 14 n. Chr.

Der spätere Kaiser Augustus wurde als C. Octavius (oder Octavianus) 63 v.Chr. geboren. Er war ein Großneffe Caesars, von dem er seit Annahme der toga virilis 48 v.Chr. gefördert wurde. Die Ermordung Caesars 44 v.Chr. änderte seine Stellung grundlegend; denn durch die testamentarisch verfügte Adoption war er nun Haupterbe Caesars. Er nahm den Namen C. Caesar an und konnte sich nach der offiziellen Aufnahme Caesars unter die Götter seit 39 v.Chr. imperator Caesar divi filius nennen. Die ersten Jahre als ein Hauptakteur der römischen Politik waren von Auseinandersetzungen mit anderen Anwärtern auf die Nachfolge Caesars und mit den

Mördern Caesars geprägt. Die Caesarmörder Cassius und Brutus wurden 42 v.Chr. besiegt und getötet, die gewaltsamen Konflikte mit Marcus Antonius wurden 39 v.Chr. vorläufig beigelegt; im Triumvirat mit Marcus Antonius und M. Aemilianus Lepidus wurde der Westen des Reiches dem Caesarerben zugeteilt.

39 v.Chr. heiratete der neue Caesar Scribonia; dieser kurzen Ehe entstammt seine einzige Tochter, Iulia. 38 v. Chr. heiratete er Livia Drusilla, die zwei Söhne, darunter seinen späteren Nachfolger Tiberius, mit in die Ehe brachte; eigene Kinder des Paares blieben aus.

Der neue Caesar setzte sich in einer Seeschlacht bei Naulochos 36 v.Chr. endgültig gegen Sextus Pompeius, den Erben des Pompeius Magnus durch, der mit seiner Flotte eigene Machtansprüche verfolgte. Nach diesem Erfolg wurde auch der Triumvir Lepidus entmachtet, sein Herrschaftsbereich Africa dem des Caesarerben zugeschlagen.

Der Konflikt mit Marcus Antonius, der inzwischen zum Partner der ptolemäischen Königin Kleopatra VII geworden war, spitzte sich seit 32 v.Chr. erneut zu; der folgende Krieg galt offiziell als Krieg gegen Ägypten. Den entscheidenden Sieg über Marcus Antonius und Kleopatra brachte die Seeschlacht bei Actium 31 v.Chr. Nach der Einnahme Alexandrias starben diese beiden letzten ernsthaften Gegner des C. Caesar durch Selbstmord. Dies war das Ende der Epoche der Bürgerkriege der späten römischen Republik.

Die folgende Phase der Neuordnung endete 27 v.Chr. mit der formalen Rückgabe aller außergewöhnlichen Vollmachten und der Erklärung einer Wiederherstellung der res publica. Im Gegenzug ließ der einzig verbliebene Machthaber sich bitten, weiter für die Belange des Staates zu sorgen. Er regierte fortan mit den Vollmachten eines periodisch erneuerten imperium proconsulare und später zusätzlich der tribunicia potestas. Die Verleihung des Ehrentitels Augustus (Bedeutung etwa: der Erhabene) 27 v.Chr. war Ausdruck seiner besonderen Würde als princeps, durch die er eine überragende Autorität behielt. Die faktische Alleinherrschaft wurde durch die gelegentliche Übernahme des Konsulats in republikanische Formen gebracht.

Die weitere Regierungszeit des Augustus brachte zwar noch eine Reihe auswärtiger Kriege, aber innerhalb des Römischen Reiches herrschte Frieden. Damit waren u.a. die Voraussetzungen für eine Verbreitung offiziell vorgegebener Kaiserporträts an jeden Ort innerhalb seiner Grenzen gegeben. In der Zeit des Augustus wurde die systematische Verbreitung von Repliken offizieller Porträttypen etabliert, mit dem Erfolg, dass von Augustus mehr Bildnisse überliefert sind als von jedem anderen antiken Herrscher. Allein über 210 sichere rundplastische Porträts wurden bisher gezählt. Wegen der konstituierenden Bedeutung der Augustusporträts für die Verbreitung römischer Kaiserporträts wird die Abfolge der Porträttypen nicht nur hier kurz vorgestellt, sondern ist auch ausführlicher Gegenstand des Kapitels zur Typenbestimmtheit römischer Kaiserporträts.

Die frühesten Porträts des Augustus entstanden in der Endphase der Römischen Republik. Als sehr junger Mann musste er seinen Platz unter den Mächtigen dieser Zeit behaupten. Jugend galt in der römischen Politik und Gesellschaft der späten Republik nicht als Empfehlung für höhere Ämter. Im Gegenteil pflegten Ansehen und Einfluss eines Politikers mit dem Alter zuzunehmen, so dass Rom anscheinend von Greisen beherrscht wurde. Der junge Octavian ging dieses Problem in seinen offiziellen Bildnissen offensiv an. Es gab schon unmittelbar nach dem Tod Caesars Bildnisse seines Erben in verschiedenen Fassungen, deren Überlieferung wegen ihrer geringen Zahl und unklaren Verwendung auf Münzen nicht in eine chronologische Reihe gebracht werden kann.

Der wichtigste der frühen Porträttypen wurde in der Forschung mit der Schlacht von Actium in Verbindung gebracht, doch erscheint er auf Münzen schon vorher. So wird er heute vorsichtiger als Octavianstypus bezeichnet.

Die Göttinger Sammlung besitzt zwei qualitätvolle Exemplare des sog. Octavianstypus aus Alcudia und Rom, Kapitolinische Museen. Die Bestimmung des Typus richtet sich, wie bei allen kaiserlichen Porträts der ersten Jahrhunderte, nach dem Motivbestand der Frisur. Das Charakteristikum dieses Porträttypus ist der buschige Haarschopf über der Stirn, der aus stufig geschnittenen, sichelförmigen Locken besteht. Sie bilden ein großes Zangenmotiv über der Stirnmitte, seitlich davon sind die Haare zu den Schläfen hin gestrichen. Der Kopf ist energisch nach rechts gewandt, das Kinn vorgereckt. Die Mimik unterstützt den Eindruck von entschlossener Tatkraft: Die Brauen sind zusammengezogen, so dass sich zwei Steilfalten über der Nasenwurzel bilden. Das Porträt wirkt mager; die Schädelknochen zeichnen sich ab und die Wangen sind leicht hohl. Am Hals, der durch Rillen gezeichnet ist, tritt der Adamsapfel kräftig vor.

Ein langer, faltiger Hals und hagere Gesichtszüge sind Kennzeichen der Porträts Caesars, als dessen legitimer Erbe Octavian auftrat. Mit einem Bildnis, das Familienähnlichkeit hervorhob, wurde der Anspruch unterstrichen. Die energische Kopfwendung und Mimik steht in der Tradition hellenistischer Herrscherbildnisse. Der ernst entschlossene Ausdruck mag suggeriert haben, dass der junge Mann reifer war, als nach seinen Lebensjahren zu erwarten gewesen wäre, jedenfalls aber die nötigen politischen und mitlitärischen Führungsqualitäten hatte.

Der Octavianstypus erscheint besonders gut erkennbar auf einer Serie von Münzen, die sich programmatisch auf die Situation zur Zeit der Schlacht von Actium beziehen. Die Rückseitenbilder zeigen den divi filius teils in Posen, die kriegerische Energie signalisieren, teils mit Attributen des Sieges und der Seeherrschaft. Die dem Porträttypus eigene Aussage wird dadurch unterstrichen.

Ein weiterer Porträttypus des Augustus, bei dem die Wahrnehmung von Alterszügen lange eine Spätdatierung veranlasste, ist mit Hinweis auf die Ähnlichkeit der Frisurmotive mit denen des Octavianstypus jüngst als dessen direkter Nachfolger bezeichnet worden. Das bekannteste Exemplar der Replikenreihe ist das Bildnis aus der Sammlung Forbes in Boston. Eine Büste in Stuttgart gibt die Merkmale des Typus vollständiger wieder. Die Haare sind von einer Gabelung an der linken Schläfe ausgehend nach rechts gestrichen; wobei die Spitzen der Locken über der rechten Stirnhälfte in Gegenrichtung umbiegen. Diese Anordnung der Haare kann als gemäßigte Version der Frisur des Octavianstypus mit ihrem kräftigen Zangenmotiv im Zentrum verstanden werden. Der Bändigung der Haare entspricht eine Beruhigung der Mimik. Die Stirnfalten und Neigung des Kopfes in Boston machten auf moderne Betrachter eher den Eindruck von Melancholie als von Energie. Am Kopf in Stuttgart sind diese Falten nur schwach ausgebildet; doch sind auch hier die Formen des Gesichts nicht jugendlich straff, sondern wirken in ihren Falten und Mulden entspannt oder gar erschlafft.

Auch dieser Typus ist schon relativ früh auf datierten Denkmälern bezeugt. Das bekannteste Beispiel findet sich auf der Ara Pacis, die zwischen 13 und 9 v.Chr. errichtet wurde. Wie lange zuvor der Typus entworfen wurde, lässt sich schwer abschätzen, weil bei Münzbildern bislang kein Unterschied zwischen Wiedergaben des Octavianstypus mit verflachender Frisurangabe und solchen des Typus Forbes herausgearbeitet werden konnte.

Die reduzierte Mimik und schwunglose Frisur dürfen jedenfalls nicht als resignative Züge eines alternden Kaisers interpretiert werden. Stattdessen ist zu überlegen, ob dieser Porträttypus in der Situation nach der Schlacht von Actium 31 v.Chr. geschaffen wurde, als Augustus konkurrenzlos die Macht in Rom innehatte. In dieser Phase war seine Politik nicht auf militärische Aggression, sondern auf Ausgleich gerichtet, um aufkommende Ängste vor dem Machtmissbrauch des Alleinherrschers zu entkräften. Ein Porträt mit moderaten Zügen, das sein Bild als jugendlicher Held ablöste, mag dieser neuen Politik entsprochen haben. Eine Entstehung des Typus in dieser Zeit könnte erklären, warum er nur in wenigen Exemplaren überliefert ist. Denn wenige Jahre später wurde ein ganz neues Bildnis konzipiert, das mit den meisten Repliken den Haupttypus des Augustusporträts stellt.

Der Haupttypus des Augustusporträts wurde im Zusammenhang mit der abschließenden Neuregelung der Position des Augustus 27 v.Chr. in der Prinzipatsverfassung geschaffen, als er den Ehrentitel Augustus erhielt. Kurz darauf erscheint der Porträttypus auf Münzen mit der neuen Titulatur (näheres dazu im Kapitel Skuptur & Münzen: römisch). Ein Kopf aus Meroë in London ist eines der frühesten erhaltenen Exemplare, denn er muss vor 25 v.Chr. entstanden sein (näheres dazu im Kapitel memoria damnata). Mit über 150 bekannten Exemplaren kommt dieser Porträttypus des Augustus am häufigsten vor. Der Typus wird in der archäologischen Literatur nach dem bekanntesten Exemplar benannt, der Panzerstatue aus der kaiserlichen Villa von Prima Porta. Eine weitere qualitätvolle Replik ist der Einsatzkopf für eine Togastatue in Chiusi.

Erkennungsmerkmal dieses Porträttypus ist das Zangenmotiv in der Stirnmitte, an das unmittelbar daneben links eine Gabelung anschließt. Anders als beim zuvor betrachteten Typus sind die Haare wieder in kräftigem Relief und stark bewegt dargestellt. Doch sind sie weniger gesträubt als am Octaviansporträt.

Die neue Übersichtlichkeit der Frisur verdankt sich einem Entwurf, der an Vorbildern der griechischen Klassik orientiert ist. Er prägt auch die Proportionen des Gesichtes, das nicht mehr mager oder kränklich erscheint, sondern harmonisch proportioniert mit vollen Wangen. Dieses Porträt hat alle Elemente der spätrepublikanisch-hellenistischen Tradition abgelegt.

Der Entwurf verbindet geschickt individuelle Züge der schon vorhandenen Porträts, die kleine Kinnkuppe, den individuell geschwungenen Mund und die gebogene Nase, mit klassisch inspirierten Proportionen. So bleibt Augustus in diesem neuen Porträttypus im Vergleich mit seinen früheren Bildnissen erkennbar.

Das neue Porträt verzichtet auf jede mimische Anspannung. Zugleich zeigt es schwere und straffe Gesichtsformen, die an Werke Polyklets erinnern. Der princeps erscheint in diesem Bildnis nicht eigentlich jugendlich, sondern alterslos. An klassischen Bildwerken wurde in römischer Zeit ihre besondere Würde und Ernst bewundert. So sollen auch die Bildnisse des Augustus im Haupttypus ruhige Würde ausstrahlen. Wie die Bildnisse zuvor hat das Porträt des Augustus in seinem Haupttypus eine programmatische Bedeutung. Es ist das Bildnis des Herrschers der goldenen Friedenszeit, die nach dem Ende der Bürgerkriege anbrechen sollte.

Die zentrale Vorgabe des offiziellen Porträttypus wurde im gesamten römischen Reich verwendet, wo Augustusporträts errichtet wurden. Dort konnten Werkstätten lokale Traditionen bei der Umsetzung einfließen lassen. Den Charakter des Entwurfs erkennt man wohl am besten an qualitätvollen Werken stadtrömischer Werkstätten, wie der Porträtbüste mit Eichenlaubkranz in München. Doch schon in Ariccia, einer Stadt in Latium nicht weit von Rom, wurde ein Porträt des Augustus mit eigenwillig ondulierten Locken und veränderten Proportionen gefunden. Als Augustusporträt ist es dennoch an seinem zählbaren Bestand von Lockenmotiven zu erkennen. Ein Porträt aus Pergamon in Istanbul stammt sichtlich aus einem Zentrum hellenistischer Bildhauerkunst, deren Tradition in augusteischer Zeit noch nicht vergessen war. Gleiches gilt für das wohl in Ägypten entstandene Bildnis des Augustus aus Meroë in London, dessen Pathos an hellenistische Herrscherbildnisse erinnert.

Der Haupttypus des Augustusporträts wirkte lange Zeit prägend auf die Bildnisse von Angehörigen, Zeitgenossen und Nachfahren des Augustus. Im Vergleich mit den frühen Porträttypen des ersten princeps ist das Phänomen zu beobachten, dass Augustus nicht altert. Im Gegenteil zeigt sein im reifen Alter entworfener Haupttypus ihn über jeder menschliche Schwäche erhaben, die bei seinen frühen Porträts noch zu ahnen war.

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Augustus von PrimaportaSpäte Republik
Typenbestimmtheit
Skulptur & Münzen: römisch
Kaiserporträt: memoria damnata
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