Claudius (Tiberius Claudius Nero Germanicus) 41 – 54 n. Chr.

Claudius wurde 10 v.Chr. als Sohn des Drusus maior und der Antonia minor geboren. Durch seinen Vater war er ein Enkel der Livia und Neffe des Tiberius, durch seine Mutter, die der Ehe von Marcus Antonius und Octavia, der Schwester des Augustus, entstammte, ein Großneffe des Augustus. Wegen körperlicher Behinderung und einer Sprachstörung sah seine Familie für ihn keine größere Rolle in der Öffentlichkeit vor. Er bekleidete nur niedere Ämter und gehörte nicht einmal zu den Senatoren. So beschäftigte er sich vor allem mit historischer Literatur und verfasste selbst Werke zur römischen und etruskischen Geschichte. Erst als sein Neffe Caligula 37 n.Chr. Kaiser wurde, bekleidete er mit ihm zusammen den Konsulat. Er war zu diesem Zeitpunkt das einzige noch lebende Mitglied der Dynastie in seiner Generation. Nach dem gewaltsamen Sturz des Caligula 41 n.Chr. wurde Claudius durch tatkräftige Unterstützung der Praetorianer zum Kaiser.

Bedeutendstes außenpolitisches Ereignis der Regierungszeit des Claudius war die Eroberung Britanniens, die ihm das Recht auf den Ehrentitel Britannicus einbrachte, den er auf seinen Sohn übertrug.

Nach zwei früheren Ehen war Claudius bei seinem Regierungsantritt mit Valeria Messalina verheiratet, die 40 n.Chr. eine Tochter, Octavia, und 41 n.Chr. einen Sohn, Britannicus, zur Welt brachte. Nach Sturz und Hinrichtung der Messalina 48 n.Chr. heiratete Claudius seine Nichte Agrippina minor, die den späteren Kaiser Nero mit in die Ehe brachte. Dies führte 50 n.Chr. zur Adoption Neros und der Neuregelung der Thronfolge zu dessen Gunsten, während Britannicus zurückgesetzt wurde. Bevor Claudius eine Gelegenheit hatte, diese Entscheidung zu revidieren, starb er, angeblich an einem von Agrippina vergifteten Pilzgericht. Beim Regierungsantritt Neros wurde er offiziell divinisiert; inoffiziell wurde eine Spottschrift Senecas verbreitet, dem Philosophen und Erzieher Neros. Darin wurde die Apotheose des Claudius als Apocolocyntosis = Verkürbissung verballhornt.

In der Göttinger Sammlung sind nur Repliken des Haupttypus des Claudiusporträts vertreten. Die Erkennungsmerkmale der Frisur über der Stirn sind die leicht asymmetrisch angeordneten Zangenmotive über den Augen und das etwas aus der Mitte nach links versetzte Gabelmotiv. Vor allem aber zeigen die Porträts des Claudius in diesem Typus erstmals Alterszüge. Die Stirn wird von Falten zerfurcht, die Wangen sind schlaff eingesunken, Falten ziehen von der Nase zu den Mundwinkeln.

Dieser Typus des Claudius wurde kurz nach seinem Regierungsantritt geschaffen und bezeichnet eine bewusste Abkehr von den alterslosen Porträts seiner Vorgänger. Claudius mag es für opportun gehalten haben, nach dem Sturz des Caligula auf die Erfahrung zu verweisen, die sein Alter mit sich brachte. Der junge Kaiser Caligula, der nur durch seine Abstammung legitimiert war, hatte Vertrauen verspielt. Claudius musste zeigen, dass nicht nur sein Stammbaum, sondern auch andere Qualitäten ihn zur Regierung befähigten. Vielleicht wäre ein klassizistisches Bildnis in augusteischer Tradition bei Claudius, der bis in ein fortgeschrittenes Alter der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt war, auch nicht mehr akzeptiert worden.

In der oben gezeigten Reihe hat das letzte Porträt in Kopenhagen verhältnismäßig jugendliche Züge. Vielleicht ist dies ein Beleg dafür, dass die Abkehr von der seit Augustus etablierten Tradition jugendlicher Kaiserbilder nicht überall vorbehaltlos nachvollzogen wurde.   Ein erster Porträttypus zeigt Claudius auch mit jugendlichen Zügen. In der Münzprägung erscheint dieser Typus nur zu Beginn seiner Regierungszeit. Eine mögliche Erklärung wäre, dass auch für Claudius zunächst ein jugendliches Porträt favorisiert wurde, bevor eine programmatische Umorientierung stattfand. Wahrscheinlicher ist aber, dass ein vorhandenes früheres Bildnis als Notbehelf dienen musste, bis das neue Kaiserporträt zur Verfügung stand.  

Viele Bildnisse des Claudius wurden aus Bildnissen des Caligula umgearbeitet, denn dessen Porträts wurden nach seinem Sturz von öffentlichen Orten entfernt. Ein offensichtliches Beispiel dafür, ein Claudiuskameo in Wien, wird im Kapitel über Umarbeitungen näher vorgestellt. Ein Bildnis des Claudius mit Eichenkranz in Kopenhagen ist ein weiterer möglicher Kandidat für eine solche Umarbeitung, denn das Gesicht wirkt gegenüber Kranz und Hals zu klein und weicht zurück. Doch sind missglückte Proportionen nur ein Indiz; weitere sichere Merkmale einer Umarbeitung fehlen an diesem Kopf. Auch dieses Porträt folgt in Frisuranordnung und Gesichtszügen dem Haupttypus des Claudiusporträts.  

Sammlung E-learning Quellen Literatur
 Caligula
Umarbeitung
memoria damnata
Lang- & Kurzzeittrends
 Porträts des Claudius