Die Kaiser des Vierkaiserjahres 69 n. Chr.

In schneller Abfolge wurden nach dem Sturz Neros im Jahr 69 n.Chr. vier regierende Kaiser gezählt, die teils gleichzeitig regierten. Die Ereignisse, die zu dieser instabilen Phase führten, begannen schon Anfang 68 n.Chr. mit einer Revolte des Julius Vindex gegen Nero in Gallien. Der schon betagte Patrizier Galba schloss sich diesem Aufstand an. Er wurde im April 68 n.Chr. in Spanien zum Kaiser ausgerufen. Kurz vor dem Selbstmord Neros erkannten Senat und Praetorianer in Rom am 8. Juni 68 n.Chr. Galba als Kaiser an. Seine engstirnige Politik machte ihn bald sogar bei seinen Anhängern unbeliebt. Die eigentlich als Gegenmaßnahme geplante Adoption des jungen Calpurnius Piso Licinianus und dessen Ernennung zum Caesar am 10. Januar 69 n.Chr. brachte Galba auch noch die Gegnerschaft des Otho ein, des Statthalters von Lusitania. Dieser hatte Galba zunächst unterstützt, wohl in der Hoffnung, ihn zu beerben. Am 15. Januar 69 n.Chr. ließ sich Otho von den Praetorianern zum Kaiser erheben; Galba und Piso wurden beseitigt. Zu Beginn des Jahres 69 n.Chr. war Vitellius mit Unterstützung von Heeresteilen der nördlichen Provinzen zum Kaiser ausgerufen worden. Er rückte gegen Rom vor, wo inzwischen Otho an die Stelle des Galba getreten war. Nach einer Schlacht zwischen den Truppen der konkurrierenden Kaiser beging Otho am 16. April 69 n.Chr. Selbstmord. Vitellius wurde am 19. April 69 n.Chr. vom Senat als Kaiser anerkannt. Vespasianus stand während dieser Ereignisse als Feldherr im Krieg gegen Judaea und ergriff keine Partei. Seine Erhebung bereitete er zusammen mit den Statthaltern von Syrien und Ägypten sowie der Unterstützung der Legionen an der Donau vor. Der Ausrufung zum Kaiser am 1. Juli 69 n.Chr. folgte ein Marsch seiner Truppen nach Italien, wo die Anhänger des Vitellius Ende Oktober 69 n. Chr. geschlagen wurden. Anhänger Vespasians erstürmten am 20./21. Dezember 69 n.Chr. Rom; Vitellius kam dabei ums Leben. Vespasian wurde noch im Dezember 69 n.Chr. vom Senat als Kaiser anerkannt. Er konnte seine Macht stabilisieren und wurde zum Begründer der flavischen Dynastie, seine Porträts werden im folgenden Abschnitt behandelt.

Hier interessieren zunächst die Porträts seiner kurzlebigen Vorgänger, Galba, Otho und Vitellius.

Galba (Ser. Sulpicius Galba) 68 – 69 n.Chr.

Galba wurde 3 v.Chr. als Sohn patrizischer Eltern in Tarracina geboren. Die zweite Frau seines Vaters, Livia Ocellina, adoptierte ihn, wodurch er in nähere Beziehung zur Gattin des Augustus und Mutter des Tiberius kam. Seiner Karriere war das förderlich. Unter Caligula und Claudius wurde er mit wichtigen Militärmissionen betraut, für die er unter Claudius die ornamenta triumphalia erhielt. Nero schickte ihn 60 n.Chr. als Statthalter in die Tarraconensis. Als Kaiser ließ Galba die nötige Rücksichtnahme auf mächtige Interessen fehlen. Zu Willkürakten gegen Mitglieder der Senatorenschaft kam eine übertriebene Sparsamkeit; so verweigerte er den Praetorianern unklugerweise Donative. Diese Politik stand direkt im Gegensatz zur verschwenderischen Großzügigkeit Neros, dessen Geldgeschenke Galba sogar wieder zurückzuholen versuchte.

Für die Legitimation zur Herrschaft und die Selbstdarstellung Galbas spielte wohl seine Herkunft aus einer alten und berühmten Adelsfamilie eine wichtige Rolle. Sein Porträt mit betonten Alterszügen und energischem Ausdruck orientiert sich an Bildnissen aus der Zeit der späten römischen Republik. Zu vergleichen ist ein Porträt aus dem Grab der Licinier in Rom, das wahrscheinlich den Triumvirn Crassus darstellt, jedenfalls aber auf ein Original aus dieser Zeit zurückgeht.

Otho (M. Salvius Otho) 69 n.Chr.

Otho wurde 32 n.Chr. geboren. Seine Familie kam aus Ferentium in Etrurien, sein Großvater war als erstes Mitglied Senator, sein Vater wurde von Claudius in den Patriziat aufgenommen. Otho gehörte in jungen Jahren zum Kreis Neros, an dessen Vergnügungen er in vollen Zügen teilgenommen haben soll. Er heiratete Poppaea, nachdem er sie zur Scheidung von ihrem früheren Mann gebracht hatte, musste sich aber seinerseits wieder von ihr trennen, weil Nero sie heiraten wollte. In dieser Zeit, 58 n.Chr., schickte ihn Nero als Statthalter nach Lusitania. Dieses Amt bekleidete er zur Zufriedenheit der Provinzialen. Otho suchte die Sympathie seiner Truppen, etwa indem er sich von der sparsamen Politik Galbas durch Großzügigkeit absetzte.

Das Münzporträt Othos zeigt ihn mit fülligen Gesichtszügen und einer kunstvoll in Wellen bis zum Hinterkopf gelegten Frisur. Beides ist deutlich von Neroporträts beeinflusst. Dazu passen andere Nachrichten aus seiner Regierungszeit: Er wohnt in der domus aurea, für deren Ausbau er Geld ausgegeben haben soll, weil sie ihm angeblich nicht gut genug war. Außerdem soll Otho versucht haben, das Andenken Neros wiederherzustellen, dessen Freigelassene wieder in Ämter einzusetzen und Neros Witwe Messalina zu heiraten. Unabhängig davon, ob diese Nachrichten der Wahrheit entsprechen, scheinen sie doch für Zeitgenossen glaubwürdig gewesen zu sein, weil Otho in vielen Aspekten die Tradition Neros fortführte.

Vitellius

Vitellius wurde 12 oder 15 n.Chr. als Sohn des Lucius Vitellius geboren, eines hochrangigen Vertrauten der Kaiser Tiberius und Claudius. Dadurch kam er selbst schon früh in engen Kontakt zum Kaiserhof. In der historischen Überlieferung werden einerseits seine positiven Eigenschaften bei der Ausübung verschiedener Ämter hervorgehoben. Andererseits ist aber auch von seinem Interesse an Pferderennen die Rede, das er mit Caligula teilte; und es wird ihm ein ausgeprägter Hang zum Luxus, Speisen und Getränken, nachgesagt.

Historische Quellen berichten fast nichts darüber, wie sich Vitellius in der Auseinandersetzung mit seinen Konkurrenten selbst darstellte. Seinen literarisch bezeugten Ruf als großer Esser bestätigt sein Porträt mit seinen fetten Züge. Das Porträt des Vitellius in Kopenhagen ist überlebensgroß. Das Gesicht wird unten von einem großen Doppelkinn gerahmt, in dem die Kinnkuppe beinah versinkt. Volle Wangen, ein fleischiger Hals und eine Speckrolle über dem Nacken ergänzen das Bild eines schwergewichtigen Mannes. Die Haare liegen in knapp geschnittenen Ringellocken dem Schädel an; kurze Strähnen zipfeln in die Stirn. Diese unauffällige Frisur weicht deutlich von den luxuriösen Modefrisuren Neros oder Othos ab, kehrt aber auch nicht zu den älteren Frisuren julisch-claudischer Zeit zurück. Andererseits ist die drastische Darstellung von Fettleibigkeit vielleicht ein Bekenntnis zu einem Leben des Genusses, das in der Tradition von Neros Lebenshaltung steht.

Der Kopf in Kopenhagen ist allerdings mit Vorsicht zu betrachten, weil er wahrscheinlich aus einem Porträt des Nero in dessen letztem Bildnistypus umgearbeitet wurde. Dafür sprechen die ungewöhnlichen Details, wie die Gestaltung des Kinns nur durch Kerben, die großen, flachen Augen und die nur undeutlich ausgearbeiteten Haare.

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