Domitian (Titus Flavius Domitianus) 81 – 96 n. Chr.

Domitian wurde 51 n.Chr. als jüngerer Sohn des späteren Kaisers Vespasian geboren. Während der gewaltsamen Auseinandersetzungen im Vierkaiserjahr 69 n.Chr. war er in Rom. Nach der endgültigen Machtübernahme Vespasians fungierte Domitian bis zu dessen Rückkehr als sein Repräsentant in Rom. In der Regierungszeit des Vespasian und des Titus war er Caesar, zur Zeit des Titus consors imperii. Nach dem Tod des Titus übernahm er problemlos die Macht und ließ Titus konsekrieren. Domitian setzte die Politik seines Vaters fort und leitete mit seinen administrativen Regelungen und militärischen Unternehmungen Entwicklungen ein, die später von Trajan fortgeführt wurden. Im Gegensatz zu Titus, dem als Kaiser ein gutes Verhältnis zum Senat nachgesagt wird, pflegte Domitian einen stärker autokratischen Regierungsstil. Dies brachte ihm erbitterte Gegnerschaft von senatorischer Seite ein; es gab mehrere Verschwörungen, denen er schließlich 96 n.Chr. zum Opfer fiel. Sein Nachfolger Nerva kam aus dem Senat. Das Andenken Domitians wurde offiziell getilgt.

Der erste Porträttypus Domitians, der sich durch den Vergleich mit den Porträts auf Münzen den Jahren 72-75 n.Chr. zuweisen lässt, ist in der Göttinger Sammlung durch ein Fragment vertreten, das einen Teil des Gesichtes und der Haare über der Stirn umfasst. Diese Stirnhaare sind in charakteristischer Weise vom Haupthaar durch einen Knick abgesetzt. Vorn bilden sie scharf umgrenzte Sichellocken, mit einem Gabelmotiv über dem rechten Auge und Zangenmotiven über den Augenwinkeln.   Es gibt Hinweise, dass auch dieses Porträt aus einem Porträt des Nero umgearbeitet wurde, wie so viele andere flavische Kaiserbildnisse. Jedenfalls wurde das Fragment in der Renaissance, lange unwidersprochen, zu einem Neroporträt ergänzt.

Die beiden Porträts in den Kapitolinischen Museen sind zwei Varianten des letzten Porträttypus des Domitian, der nach Aussage der Münzen bei seinem Regierungsantritt im Jahr 81 n.Chr. geschaffen wurde. Gemeinsam ist beiden Köpfen die gradus-Frisur, die schon an Porträts des Nero vorkommt. Bei diesem Porträttypus Domitians ist das Haar in langen Strähnen vom Hinterkopf nach vorn gekämmt und geht über der Stirn mit scharfem Knick in eine Reihe kurzer Sichellocken über. In beiden Fällen wechseln die Strähnen an der rechten Stirnecke die Richtung. Gemeinsam ist beiden Porträts auch das füllige Gesicht und die hohe Stirn.

Ansonsten gibt es zwischen beiden Porträts Unterschiede, die sich bei anderen Wiederholungen wiederfinden. Dazu gehören der Gegensatz von kürzeren, flockigen und lang durchgezogenen Haarsträhnen, von gedrungeneren und gestreckteren Proportionen, ebenso die markantere Ausprägung der Physiognomie beim Kopf im Konservatorenpalast mit dem stärkeren Doppelkinn, der vortretenden Oberlippe und dem fliehenden Unterteil des Mundes. Ob die Typenvarianten durch die ausführenden Werkstätten oder chronologisch bedingt sind, muss noch erforscht werden.

Domitian trägt wie sein Bruder und Vorgänger Titus die gradus-Frisur der eleganten Jugend Roms. In Analogie zum Porträt des Titus ist aufgrund des Zeugnisses der Münzen auch an seinen Porträts ein in Malerei wiedergegebener Flaumbart zu ergänzen. Wie bei Titus ist auch bei Domitian aus politischen Gründen nicht anzunehmen, dass er sich in der Mode bewusst an Nero anschließen wollte, sondern dass er eine Modefrisur trug, die sich immer mehr ausbreitete.

Doch gestaltete er die Frisur noch ornamentaler als sein Bruder Titus. Das war umso tragischer, als er unter Haarausfall litt. Sueton (Domitian 18) berichtet: ‚Er war so empfindlich wegen seiner (wahrscheinlich zunehmenden) Kahlheit, dass er es als persönliche Beleidigung auffasste, wenn jemand anders darauf im Scherz oder Ernst angesprochen wurde.‘ Und in einem Buch über Haarpflege, das er einem Freund gewidmet haben soll, soll er geäußert haben: ‚Ich trage das Altern meines Haares in der Jugend mit Fassung‘ − ‚forti animo fero comam in adulescentia senescentem‚.

Interessanterweise versuchen die Porträts nicht, das Problem völlig zu verbergen. Am kapitolinischen Porträt sieht man − und bei anderen Beispielen ist dies noch deutlicher − dass das Haar nicht vom Wirbel, sondern vom Nacken aus nach oben und vorn gekämmt wurde und die freie Stirn übermäßig hoch ist.

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