Marcus Opellius Macrinus (217-218 n.Chr.)

Macrinus war unter Caracalla (196−217 n.Chr.) Praetorianerpraefekt und begleitete ihn 217 auf seinem Feldzug gegen die Parther. Er organisierte eine Verschwörung gegen den Kaiser. Dieser wurde beim Zug durch Syrien ermordet, Macrinus vor Ort zum Nachfolger ernannt und vom Senat in Rom akzeptiert. Macrinus ist jedoch nicht mehr nach Rom gekommen. Er residierte in Antiochia und wurde dort nach nur 14 Monaten Opfer der Gegenstrategien der Severerfamilie. Diese berief sich auf ihre Tradition und empfahl den in Syrien stationierten Truppen den späteren Elagabal als angeblichen Sohn Caracallas als Kaiser. Nach nur 14 Monaten der Regierung wurde Macrinus abgesetzt und getötet.

Der kapitolinische Kopf ist eines der vier erhaltenen Porträts des Kaisers, von denen drei aus Rom stammen und eines in Belgrad gefunden wurde. Sie schließen sich durch die Gesichtszüge und den kurzen Haarschnitt zusammen, wie er seit dem Tod des Commodus mehr und mehr in Mode kam. Die Barttracht allerdings variiert bei den in nur einem Jahr entstandenen Porträts entschieden. Das durch den Abguss repräsentierte kapitolinische Porträt hat einen langen Bart, ein zweites kapitolinisches Stück weist nur am Hals ein paar längere Bartsträhnen, sonst einen eher kurzen Bart auf, und ein Porträt im Fogg Arts Museum (Cambridge/Mass.) hat einen ganz kurzgeschnittenen Bart. Alle anderen Porträts des Macrinus tragen auch das Kurzhaar noch kürzer geschnitten.

Durch Vergleich mit den Münzen wird klar, daß die Unterschiede chronologisch zu verstehen sind. In der kurzen Regierungszeit des Macrinus wurden in Rom und in Münzstätten des Ostens mehrere aufeinanderfolgende Münzemissionen herausgegeben. Sie beginnen mit kurzbärtigen Bildnissen und enden über Zwischenstufen mit langbärtigen. Macrinus hat also in dem Jahr seiner Regierung seinen Bart wachsen lassen und dem so große Bedeutung beigemessen, dass die römischen Porträtwerkstätten mehrmals Auftrag erhielten, jeweils neue Prototypen für das Porträt des Kaisers zu schaffen.  

Das hängt offenbar mit den Legitimationsstrategien des Macrinus zusammen, die ihn als legitimen Nachfolger der Severer und indirekt der Antoninen erscheinen lassen wollten. Macrinus nahm deshalb für sich den Namen Severus an und gab seinem Sohn Diadumenianus den renommierten Namen der Antonine. Und durch die Barttracht sollte er auch nach außen als Nachfolger der Antoninen und des Severius erscheinen. Genau dies berichtet als Zeitgenosse der Historiker Herodian (V 2, 3.4): „und (anstatt zu handeln) er vertrödelte seine Zeit in Antiochia, indem er seinen Bart wachsen ließ, mehr als nötig allein einherging und leise sprach, wenn ihm jemand begegnete − und strebte nach all dem offensichtlich als Verhaltensweisen des Marcus.“

Mit dieser Arbeit am Image und den drei Bildnisfassungen, die in nur einem Jahr von Antiochia aus in Rom in Auftrag gegeben wurden, ist das Macrinusporträt eines der interessantesten Beispiele für die antike kaiserliche Bildnispolitik.

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