Valerianus (P. Licinius Valerianus) 253−260 n.Chr. und Gallienus (P. Licinius Egnatius Gallienus), 253−268 n.Chr.

alerianus und sein Sohn Gallienus entstammten angeblich einer vornehmen römischen Familie. Valerianus wurde in den Wirren des Jahres 253 n.Chr. von seinen Truppen zum Herrscher ausgerufen und machte seinen Sohn Gallienus zum Mitregenten. In der Regierungszeit der beiden Herrscher erreichte die Bedrängung des römischen Reiches durch eindringende Nachbarvölker ihren Höhepunkt. Sie teilten sich zunächst die Verteidigung der Grenzen. Valerianus ging nach Osten und kämpfte gegen die Sassaniden und die Goten in Kleinasien; Gallienus übernahm die Verteidigung der Grenzen an Donau und Rhein. 260 n.Chr. wurde Valerianus von den Sassaniden gefangengenommen; sein Sohn konnte oder wollte ihn nicht auslösen. In der Folge kämpfte Gallienus mit seinen Generälen an allen Fronten von Spanien bis Mesopotamien. Usurpatoren in Pannonien, Ostanatolien und Ägypten wurden beseitigt, Sonderreiche entstanden mit dem Reich des Postumus am Rhein (seit 260 n.Chr.) und dem palmyrenischen Reich im Osten (seit den sechziger Jahren, definitiv seit 268 n.Chr.). 268 n.Chr. trat Gallienus dem Aufstand eines seiner Generäle in Mailand entgegen und fiel einer weiteren Verschwörung zum Opfer, an der seine bedeutendsten Generäle, die späteren Kaiser Claudius Gothicus und Aurelianus, beteiligt waren.

Gallienus wurde bekannt durch seine Heeresreformen, in denen er u.a. die Mitglieder des Senatorenstandes von höheren militärischen Ämtern ausschloss, offenbar weil deren Laufbahn nicht in erwünschtem Maße zu militärischer Sachkompetenz führte. Gallienus hatte eine Neigung zu Griechenland; er ließ sich in die eleusinischen Mysterien einweihen. Es wird auch von kulturellen Interessen berichtet, die dazu führten, dass Gallienus und seine Frau Salonina mit Plotin, dem Begründer des Neuplatonismus, befreundet waren.

Porträts aus der Zeit der gemeinsamen Herrschaft 253−260 n.Chr.

Die Porträts des Valerianus und Gallienus unterscheiden sich im Habitus grundlegend vom folgenden Porträt des Gallienus als Alleinherrscher. Für die Zeit der gemeinsamen Herrschaft ist heute nur das Porträt des Gallienus durch die Existenz mehrerer stadtrömischer Repliken gesichert, zu denen die Köpfe in den Kapitolinischen Museen und in Berlin gehören.  

Kolossalköpfe Kopenhagen

Das Porträt des Valerianus wird durch die Gruppe zweier Kolossalporträts (Kopfhöhe ohne Hals: 37 cm) in Kopenhagen gesichert, die wahrscheinlich aus Kleinasien stammen. Die Größe macht es wahrscheinlich, dass Kaiser dargestellt sind, der Vergleich mit den Münzen zeigt, dass der ältere und leicht korpulente Herrscher mit dem mittelgescheitelten Haar Valerianus ist. Der jüngere muss dann Gallienus sein. Die Unterschiede zu den stadtrömischen Porträts dieses Kaisers sind als Vereinfachungen des Typus aufzufassen. Gallienus trägt in dieser Gruppe einen Reif mit sieben Löchern, der für die Anbringung von Strahlen einer Strahlenkrone vorbereitet ist; das Porträt des Valerianus muss als Gegenstück einen Blattkranz getragen haben. Die Bedeutung dieser Kombination von Attributen bei aufeinander bezogenen Porträts wird im Kapitel über die Attribute näher behandelt.

Im Vergleich zu den vorausgehenden Soldatenkaiserporträts wird im Porträt des Valerianus offenbar wieder eine naturnahe und ruhigere Ausdrucksform gesucht. Die Mimik ist beruhigt, das Fleisch der Gesichtsformen scheint weich und griffig. Das kurze strähnige Haar lässt vermuten, dass man sich bei diesen Formen bewusst an älteren Vorbildern orientierte, die moderne Forschung sah hier jedenfalls Anklänge an julisch-claudische Frisuren. Damit wird im Porträt des Valerianus eine Tendenz zum Programm, die sich schon bei den unmittelbar vorausgehenden Porträts des Trebonianus Gallus, Volusianus und Aemilianus beobachten ließ.  

Ebenso wirkt der jugendliche Porträttypus des Gallienus wie eine Neuauflage des Porträts des Volusianus mit seinem kurzgelockten Bart. Auch hier wird der kurze Bart mit einer kurzsträhnigen Frisur kombiniert. Die eigenwillige Anordnung der Stirnsträhnen hat einige Forscher an die Frisur des Augustus erinnert.  

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Julisch-claudische Dynastie
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Trebonianus, Volusianus & Aemilianus
  

Die Porträts des Gallienus aus der Zeit seiner Alleinherrschaft

In der Zeit der Alleinherrschaft des Gallienus entstanden zwei völlig neu stilisierte Bildnistypen. Der Vergleich mit den Münzen beweist, dass diese Neuerung nach der Gefangennahme Valerians einsetzte. Die beiden Typen lassen sich allerdings auf den Münzen nicht gut trennen, umso deutlicher sind sie in den rundplastischen Porträts.   Ein Typus hat ein gedrungenes Gesicht, langes lockiges Haar und bewegte Strähnen, die in die Stirn fallen. Er ist in zwei Varianten überliefert, die sich nur leicht unterscheiden; sie sind jeweils in mehreren Wiederholungen erhalten. Das Porträt im Museo Nazionale Romano ist das qualitativ beste Exemplar dieses Typus.  

Bei einem zweiten Typus ist das Haar kürzer, in der Mitte geteilt und an den Schläfen nach hinten gestrichen. Das Exemplar dieses Typus in Kopenhagen aus Rom (Höhe mit Hals: 53 cm) ist durch eine etwas rohe Umarbeitung aus einem älteren Porträt gewonnen, stellt aber dennoch die beste Überlieferung dar. Der Typus ist nur durch wenige Exemplare überliefert.

Das Gesicht des Gallienus ist in diesen Porträts neu gestaltet worden. Die schon bei einigen seiner frühen Porträts vorhandenen langgezogenen Augen mit sehr schmalen Lidern finden sich jetzt durchgehend. Zugleich ist vor allem bei den qualitativ besseren Exemplaren das Gesicht eigentümlich abstrakt und kantig gebildet, es hat nahezu gerade Seiten. Beim Kopf im Museo Nazionale Romano ist das Gesicht fast prismatisch mit lauter Geraden und harten Umbrüchen geformt. Fast karikaturhaft wirkt in dieser Umgebung die individuelle Mundform mit der Spitze in der Mitte der Oberlippe, die die Unterlippe überschneidet.

Lange Zeit hat man aus dem Vergleich mit den Münzen geschlossen, dass der durch das Porträt im Thermenmuseum am besten repräsentierte Typus mit dem langen Haar zu Beginn der Alleinherrschaft des Gallienus entstand, und der gestreckte Typus mit dem mittelgescheitelten Haar in die letzten Jahre des Gallienus gehört. Der Vergleich mit den Münzen führt in dieser Frage allerdings nur zu begrenzten Ergebnissen, weil die Münzen des Gallienus großenteils von schlechter Qualität und die chronologischen Anhaltspunkte ungewöhnlich gering sind.

Deshalb konnten neuerdings auch bedenkenswerte Gründe für eine Umkehrung der Reihenfolge angeführt werden. Demnach wären das Kopenhagener Porträt und seine Repliken unmittelbar zu Beginn der Alleinherrschaft, der Typus Museo Nazionale Romano und seine Variante gegen Ende der Regierungszeit des Gallienus entstanden. Für eine verbindliche Klärung der Abfolge ist allerdings eine Präzisierung der Chronologie der späten Münzprägung des Gallienus abzuwarten.

Über die Bedeutung der radikal neu gestalteten Porträts der zweiten Regierungshälfte Galliens ist viel diskutiert worden. Manche Forscher dachten an eine letzte dezidierte Hinwendung zur griechischen Kultur, andere sahen die Porträts als Teil eines zurückgewandten Klassizismus, wieder andere interessierten sich vor allem für die möglichen politischen Aussagen.

Der letzte dieser Gesichtspunkte interessiert auch hier. Er muss vor dem Hintergrund der schwersten Krisensituation gesehen werden, die das römische Kaiserreich erlebt hatte. Gallienus hat in dieser Phase anscheinend versucht, als positiver Hoffnungsträger zu erscheinen, um den Ängsten der Zeitgenossen entgegenzutreten.

Dieses Anliegen bezeugen zweifellos die zahlreichen Medaillons, von den staatlichen Münzstätten ausgegebene Sonder- und Festprägungen. Dabei begegnet man einer eigentümlichen Mischung von Bildern. Einerseits wird noch einmal das gesamte Repertoire von Bildmetaphern in Form theomorpher Darstellungen aufgefahren: der Kaiser mit dem Stab des Mercur, im Löwenfell des Hercules, mit der Ägis des Zeus, „als“ Genius Populi Romani und schließlich sogar verweiblicht „als“ Demeter und Athena. Fast einzigartig und politisch bedeutsam aber ist die Bezugnahme auf Alexander und Augustus.

Gallienus hat sich Alexander d.Gr. und Augustus, die berühmtesten Herrscher der Vergangenheit, ganz explizit zu Vorbildern genommen. Ein Medaillon der frühen sechziger Jahre aus der Münzstätte Mailand setzt den Kaiser in unmittelbare Beziehung zu Alexander: Er hat den Kopf nach hellenistischer Art in den Nacken geworfen und trägt das hellenistische Königsdiadem mit den flatternden Enden. Seit Caesar war dieses monarchische Insigne peinlich gemieden worden. Es bleibt unerklärt, wie eine solche Prägung möglich war, die praktisch die Fiktion des Prinzipats aufgab, eigentlich keine Monarchie zu sein. Andere Sonderprägungen zeigen Gallienus auf der Vorderseite gegenüber einem einzigartigen Bild des DEUS AUGUSTUS auf der Rückseite; und Gallienus erscheint selbst in der Art frühkaiserzeitlicher Prägungen als Kopfporträt ohne Kranz und mit einer nach außen gerichteten Legende GALLIENUS GER(manicus) AUG(ustus).

Alexander und Augustus waren für die „republikanische“ Prinzipatsideologie einst politisch konträre Figuren gewesen, jetzt konnte Gallienus sich auf beide berufen. Er meinte damit offenbar jeweils ihre Qualität als überragende charismatische Herrscher. In diesem Sinn kann der langhaarige Gallienustypus Elemente der Darstellungen von beiden großen Vorbildern zitieren: das lange Lockenhaar Alexanders und Stirnhaarsträhnen, deren Anordnung denen des Augustus ähnelt.

Die Gesichtsbildung des Typus enthält jedoch eine zusätzliche, neue Aussage. Sie ist betont abstrakt: geradlinige Umrisse, gerade Bartbegrenzungen, die Augenbrauen eine fast durchgehende Waagrechte, der Mund als sinnliche Form reduziert, alle Flächen facettenartig geschliffen. Es ist bezeichnend, dass diese Formen bei dem qualitätvollsten Stück der Serie am ausgeprägtesten sind. Im Zusammenspiel mit den Elementen, die auf die beiden charismatischsten Herrscher der Antike anspielen, müssen die abstrakten Formen des Porträts als ausdruckssteigernd verstanden werden.

Die ikonographischen Bezüge des Porträttypus mit dem Mittelscheitel sind wenig klar. Manche Forscher fühlen sich an die Ikonographie des Gottes Mercur erinnert, manche aber auch an die Ikonographie heiliger Männer, die schließlich in die Typologie des Christusbildes eingegangen ist. Die weiteren Interpretationen werden von einer Klärung der Reihenfolge der Typen abhängen.   Die späten Porträts des Gallienus sind zusammengenommen weniger klassizistisch zurückgewandt, als vielmehr Zeichen einer Suche nach Orientierung und nach neuen Paradigmen, die für die Ikonographie der Kaiser von Gallien bis zu Konstantin charakteristisch wurde.

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