Die ‚Großen Gallier‘ 3

Barbarentod: Das Bildthema der ‚Großen Gallier‘

Beide Skulpturen rücken Sterben und Tod der Dargestellten in den Mittelpunkt. Doch nur deren Haltung und die zu Boden gefallenen Abwehrwaffen lassen den Betrachter die ausgefochtene Schlacht erahnen, die zum Tod oder zur Verzweiflungstat führte. Denn von einem überlegenen Gegner ist nichts zu sehen. Obwohl kein Kampfgeschehen im Bild gezeigt wird, sind diese Figuren facettenreicher Ausdruck von Begriffen wie Sieg, Niederlage, Kampf, Feind, Ehre.

Der auf dem Boden ausgestreckte Gallier (Abb. 01) ist tödlich getroffen: In seinem Brustkorb klafft eine blutenden Wunde, die ihn hat niedersinken lassen; das ausgestreckte linke Bein läßt noch den eben erfolgten Sturz vermuten. Das rechte Bein winkelt der Gallier dagegen stark an, möglicherweise um eine stabilere, sicher auch schmerzfreiere Position einzunehmen. Der rechte Arm kann den Oberkörper eigentlich nicht mehr stützen, denn die Hand liegt – wenn man den Arm richtig ergänzt – zu nah am Körper und der Ellbogen knickt nach hinten weg. Der Kopf hängt nicht leblos wie bei der toten Gefährtin in der ‚Galliergruppe Ludovisi‘ vornüber, sondern ist gesenkt. Diese Haltung drückt einerseits die physische Niederlage, andererseits auch die psychische Vernichtung des Galliers aus, seine Selbstaufgabe vor dem Gegner und dem nahenden Tod.Sein Gesichtsausdruck zeugt von Anstrengung: Er legt die Stirn in Falten und zieht die Augenbrauen etwas zusammen. Eine solche Mimik ergibt sich, wenn man in einer Bewegung innehält, weil sie schmerzt. Insgesamt herrscht der Eindruck gespannter Ruhe im Gesicht des Sterbenden (Abb. 02) .

Die Aussichtslosigkeit der Situation wird auch durch den unter ihm liegenden Schild deutlich. Sein Schild dient ihm nicht mehr als Schutzwaffe, sondern als Sterbelager. Ebenso nutzlos liegt zwischen seinen Beinen das Horn (cornu), das Schlachteninstrument der Gallier, dessen ohrenbetäubender Lärm sonst jeden Feind verschreckte. So stirbt er still und in sich gekehrt (Abb. 01) .

Ist der ‚Sterbende Gallier‘ in dem Moment festgehalten, bevor er seiner Verletzung erliegen wird, so zeigt die ‚Galliergruppe Ludovisi‘ eine andere Situation von Sterben und Tod: Der in weitem Ausfallschritt stehende Mann hält im linken Arm seine tote Gefährtin. Wahrscheinlich ist sie durch sein Schwert gestorben, das er sich nun selbst in einer ausgreifenden Armbewegung von oben in die Senke oberhalb des Schlüsselbeines rammt. Seinen Körper durchzieht eine große Bewegungslinie vom rechten Fuß über die Flanke zum Kopf. Gegen diese Drehung reißt er nur den Kopf nach rechts, den Blick nach oben gerichtet, als stürme er gegen etwas an. Die Heftigkeit seiner Bewegung und die Dramatik des Moments, in dem er verharrt, wird durch den nach hinten wehenden Mantel (sagum) unterstrichen (Die trompetenförmigen Falten sind allerdings rekonstruiert). Mit der Kopfbewegung legt er die Stelle in der linken Halsgrube für den sicher tödlichen Stoß frei. Dort sticht die Schwertspitze schon ins Fleisch, Blut tritt aus, da er die Schlagader über dem Schlüsselbein durchtrennen und sofort ohnmächtig werden wird (Abb. 03) .

Einen starken Kontrast zu der dynamischen, muskulösen Figur des Mannes bildet seine Gefährtin, die leblos neben seinem linken Bein in sich zusammensackt. Nur der feste Griff des Mannes an ihrem linken Oberarm verhindert, daß sie vornüber fällt (Der linke Arm ist falsch ergänzt). Ihr Kopf und rechter Arm hängen nach vorne, das Kleid ist von der Schulter gerutscht, läßt aber noch die Blutrinnsale aus einer tödlichen Wunde unter der rechten Achsel sehen, die sie sich wohl kaum selbst zugefügt hat. Ihre Füße ragen in unnatürlicher Haltung unter dem Kleid hervor, da kein Leben mehr in ihrem Körper ist. In einer ausweglosen Kampfsituation hat der Gallier seine Frau erstochen und tötet sich nun selbst, um der Gefangenschaft zu entgehen.

Das Szenario, das die ‚Galliergruppe Ludovisi‘ vorstellt – ein gallischer Krieger, der erst seine Frau und dann sich selbst tötet -, ist als Bildwerk einzigartig, in literarischen Beschreibungen griechisch-römischer Autoren jedoch häufiger bezeugt. So findet sich bei Plutarch (C. Marius 27,4) die drastischste Schilderung des Freitods von Galliern in der Schlacht. Um sich vor der Sklaverei zu retten, wählen die Kelten Selbstmord und Verwandtenmord. Auch daß gallische Frauen mitten in einer Schlacht an der Seite ihres Gefährten anzutreffen waren, kam den Quellen zufolge durchaus vor: Sie zogen in den Kampf und griffen mutig in das Geschehen ein.

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Ein Kommentar

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